Prüfung geschwänzt – Ausbildungsplatz weg

Das Arbeitsgericht Siegburg hat mit Urteil vom 17.03.2022 (5 Ca 1849/21) entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers auch im Berufsausbildungsverhältnis gerechtfertigt sein kann, wenn Auszubildende eine Erkrankung vortäuschen, um eine Prüfungsleistung nicht erbringen zu müssen.

Der Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Auszubildender zum Sport- und Gesundheitstrainer eine Prüfung in der Berufsschule nicht bestanden. Aus diesem Grund sollte der Auszubildende eine Nachprüfung für diese nicht bestandene Prüfungsleistung ablegen. Diese Prüfung war für den 06. Oktober angesetzt.

Am 06. Oktober erschien der Auszubildende in einem dem Ausbildungsbetrieb zugehörigen Fitnessstudios und überreichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 05. Oktober bis einschließlich zum 07. Oktober. Unmittelbar im Anschluss absolvierte der Auszubildende in dem Fitnessstudio eine umfangreiche Sporteinheit. Die Nachprüfung in der Berufsschule, die für den gleichen Tag angesetzt war, hatte der Auszubildende ausfallen lassen. Wegen dieses Verhaltens kündigte der Ausbildungsbetrieb dem Auszubildenden fristlos, wogegen sich der Auszubildende mit einer Kündigungsschutzklage wehrte.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hatte sich der Auszubildende nur deshalb krankschreiben lassen, um die Wiederholungsprüfung zu umgehen. Unabhängig davon, ob es sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder eine erschlichene Bescheinigung gehandelt habe, stellte das Verhalten des Auszubildenden, nach Auffassung es Arbeitsgerichts, eine erhebliche Pflichtverletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Das Arbeitsgericht glaubte dem Auszubildenden nicht, dass er erst krank gewesen sei und dann plötzlich wieder gesund geworden sei. In dieser Konstellation sah es das Arbeitsgericht als unzumutbar für den Ausbildungsbetrieb an, den Auszubildenden bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Die Vortäuschung einer Erkrankung, unter Vorlage einer „falschen“ Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, um eine (Wiederholungs-)prüfung nicht absolvieren zu müssen, begründet eine entsprechende Unzumutbarkeit.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Bedeutung des Falles

22 BBiG sieht in Abs. 2 vor, dass nach Ablauf der Probezeit ein Ausbildungsverhältnis durch den Ausbildungsbetrieb nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden kann. Die Rechtsprechung stellt hierbei regelmäßig hohe Hürden auf, weil das Ausbildungsverhältnis in gewisser Weise einem Erziehungsverhältnis ähnelt.

Eine offensichtlich erschlichene AU-Bescheinigung, um eine Prüfung zu schwänzen, reichte dem Arbeitsgericht aber für einen wichtigen Grund aus.