von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier
Gleichbehandlung, Equal Pay und geschlechtergerechte Vergütung – in der Praxis kommt es dennoch immer wieder zu der Situation, dass zwischen den Geschlechtern doch andere Vergütungshöhen zu beobachten sind. Neben sachlichen Kriterien haben Arbeitgeber hierzu in der Vergangenheit häufig eine individuelle Verhandlung als rechtfertigendes Element für einen Gehaltsunterschied angegeben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Urteil vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21 – zu dieser Verhandlungsoption Stellung bezogen.
Die Entscheidung
Der Umstand, dass eine Beschäftigte für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt erhält wie ein Beschäftigter des anderen Geschlechts begründet die Vermutung i. S. d § 22 AGG, dass diese Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt sei. Diese Vermutung konnte die Beklagte im Verfahren nicht widerlegen.
Nicht ausreichend ist dabei die Begründung (für den Gehaltsunterschied), dass ein Kollege besser und geschickter verhandelt habe. Auch dass der in diesem Fall männliche Beschäftigte auf eine ausgeschiedene weibliche Kollegin nachfolgte, die ebenfalls ein höheres Entgelt verdiente reichte nach den Ausführungen des 8. Sentas nicht für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aus.
Die Bedeutung für Sie
Sowohl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen als auch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten im Falle von Gehaltsunterschieden zu Kollegen genau überprüfen, worin diese Unterschiede begründet sein können. Das Bundesarbeitsgericht macht deutlich, dass die Vermutungswirkung freilich widerlegt werden kann. Gleichzeitig zeigt der Senat deutlich auf, dass die Anforderungen an eine entsprechende Rechtfertigung hoch sind. Pauschale Begründungen dürften hier in Zukunft nicht mehr ausreichen, sodass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in der Vergütungsstruktur auf einheitliche Standards und nachvollziehe Differenzierungskriterien achten sollten.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten nach dieser Entscheidung genau schauen, ob objektive Kriterien eine ungleiche Bezahlung rechtfertigen oder ob derartige Umstände nicht ersichtlich sind.
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Die rechtlichen Grundlagen
Art. 157 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union)
„Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.“
Dieser Vorgabe ist die Bundesrepublik Deutschland u. a. in § 1 AGG und § 3 EntgTranspG (Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern) nachgekommen. In § 3 Abs. 1 EntgTranspG heißt es:
„Bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten.“
§ 7 EntgTranspG konkretisiert:
„Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.“
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