von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

 

Das Amtsgericht (AG) Osnabrück hat den LKW-Fahrer für schuldig befunden, den Tod des 62-jährigen Radfahres in fahrlässiger Weise herbeigeführt zu haben. Auch das Strafmaß ist nun amtlich: Das Leben eines Radfahrenden ist nach Ansicht des AG Osnabrück eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten wert.

Eine derart verkürzte plakative Zusammenfassung der Geschehnisse rund um den erneut tödlich endenden Radunfall durch einen abbiegenden LKW und den sich daraus für den Täter ergebenden Konsequenzen wird den handelnden Akteuren im Prozess sicher nicht gerecht. Allein der Umstand, dass sämtliche Verfahrensbeteiligte auf Rechtsmittel verzichtet haben, lässt darauf schließen, dass das urteilende Gericht im Rahmen der Rechtsordnung und unter Berücksichtigung aller Umstände ein sachgerechtes Urteil gesprochen hat.

Gleichwohl bleibt ein fader Beigeschmack. Echte Genugtuung wird die Familie des Unfallopfers vermutlich dadurch nicht erfahren haben, zumal etwaige fahrerlaubniswirksamen Maßnahmen nicht ausgeurteilt wurden. Der verurteilte LKW-Fahrer hätte folglich direkt aus dem Verhandlungssaal wieder in sein Fahrzeug steigen und losfahren dürfen.

Auch eine abschreckende Wirkung auf die Allgemeinheit dürfte von einem solchen Urteil kaum ausgehen. Wer sich also erhofft hat, durch das Urteil werde ein durchgreifendes Umdenken motorisierter Verkehrsteilnehmer stattfinden, so dass zukünftig jedwede im Verkehr erforderliche Sorgfalt zur Vermeidung von Unfällen mit Radfahrenden oder Fußgängern eingehalten wird, dürfte enttäuscht werden.

Was die Justiz leisten kann – und wer jetzt handeln muss

Es bleibt mithin festzustellen, dass die Jurisdiktion auf Fehlverhalten und mangelnde Sorgfalt im Straßenverkehr nur reparieren und entsprechende Sanktionen aussprechen kann. Wenn es darum geht, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer so gut als möglich zu schützen, sind vor allem anderen Legislative und Exekutive gefordert, entsprechende Maßnahmen, Vorschriften und Gesetze zu erlassen und umzusetzen, die geeignet sind, Unfallereignisse wie das hier besprochene gar nicht erst entstehen zu lassen.

Beispiele und Ideen für die konkrete Umsetzung sinnvoller Maßnahmen gibt es dabei zu Hauf: LKW-Durchfahrtsverbote, Tempo-30 Zonen, räumliche Trennung von motorisierten Individualverkehr und Radverkehr, um nur einige Beispiele zu nennen. Darüber hinaus haben unsere Nachbarländer wie etwas die Niederlande und Dänemark bereits gezeigt, wie sicheres Radfahren funktionieren kann, und zwar auch in großen Städten, in denen das Platzangebot ähnlich eingeschränkt ist wie in Osnabrück.