Radfahren in Osnabrück

Die B 68 als Ortsdurchfahrt für LKW

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

Den ersten Teil der Reihe finden sie hier.

Die Situation

Wieder starb in Osnabrück ein Radfahrer auf tragische Weise. Wieder war es auf der sog. Ortsdurchfahrt B 68 und wieder war die Unfallursache ein abbiegender LKW. Reflexartig ertönt wieder der Ruf nach einem Durchfahrtsverberbot für LKW und man fragt sich, warum ein solches nicht längst existiert.

Schauen wir uns die Sach- und Rechtslage also einmal genauer an:

Die B 68 tritt aus Norden kommend in Haste in das Stadtgebiet ein und gilt wohl spätestens ab der Kreuzung Fürstenauer Weg als sog. Ortsdurchfahrt (eine Ortsdurchfahrt beginnt nicht zwingend mit dem Ortseingansschild, vgl. § 5 Abs. 4 Bundesfernstraßengesetz, kurz FStrG). Im weiteren Verlauf heißt sie dann Bramscher Straße und Hansastraße, verläuft ab dem Hasetor über den westlichen Wall bis zur Kommenderiestraße. Von dort geht es dann über den Rosenplatz auf die Iburgerstraße stadtauswärts. Hinter der Einmündung Ansgarstraße wird die Ortsdurchfahrt dann wieder regulär zur Bundesstraße.

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Das Wichtigste in Kürze

Durchfahrtverbot für LKW in Osnabrück

Die B 68 tritt aus Norden kommend in Haste in das Stadtgebiet ein und gilt wohl spätestens ab der Kreuzung Fürstenauer Weg als sog. Ortsdurchfahrt. Im weiteren Verlauf heißt sie dann Bramscher Straße und Hansastraße, verläuft ab dem Hasetor über den westlichen Wall bis zur Kommenderiestraße. Von dort geht es dann über den Rosenplatz auf die Iburger Straße stadtauswärts. Hinter der Einmündung Ansgarstraße wird die Ortsdurchfahrt dann wieder regulär zur Bundesstraße.

In den 15 Jahren von 2000 bis 2015 gab es im Zuge der Ortsdurchfahrt B 68 5 tödliche Fahrradunfälle, die jeweils durch einen abbiegenden LKW verursacht wurden. In den vergangenen 6 Jahren von 2015 bis heute kam es zu zwei weiteren ähnlichen tödlichen Unfällen.

Aus § 5 Abs. 2 FStrG ergibt sich, dass die Stadt Osnabrück Trägerin der vollständigen Straßenbaulast und auch auch Eigentümerin der Ortsdurchfahrt ist. Die Entscheidung für einschränkende Maßnahmen liegt aber nach § 2 Abs. 6 FStrG beim Fernstraßen-Bundesamt bzw. der obersten Landesbehörde. Das ist das Niedersächsische Landesministerium für Wirtschaft, Arbetit, Verkehr und Digitalisierung.

Bisher sind Anfragen der Stadt Osnabrück abgelehnt worden. Die Verkehrsbedeutung der Ortsdurchfahrt in Osnabrück sei so groß, dass sie auch durch Gründe des öffentlichen Wohls nicht verdrängt werden könne. Die Stadt Osnabrück wird andere Wege finden müssen, um die Zahl tödlich endender Fahrradunfälle zu minimieren.

Wer ist verantwortlich für die Straße?

Es stellt sich zunächst grundsätzlich bei derartigen Konstellationen die Frage, wer „das Sagen“ auf diesen Ortsdurchfahrten hat. Die jeweilige Gemeinde/Stadt als betroffene Gebietskörperschaft oder aber der Bund bzw. die oberste Landesstraßenbaubehörde.

Aus § 5 Abs. 2 FStrG ergibt sich immerhin, dass die Stadt Osnabrück Träger der vollständigen Straßenbaulast ist, soweit es die Ortdurchfahrt der B 68 betrifft. Ebenso ist die Stadt als alleiniger Träger der Straßenbaulast auch Eigentümer der Ortsdurchfahrt. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass dann auch die Stadt Osnabrück sämtliche relevanten Entscheidungen und Regelungen bezüglich der Ortsdurchfahrt eigenverantwortlich treffen darf. Dürfte die Stadt Osnabrück demnach auch eigenverantwortlich ein Durchfahrtsverbot für LKW erlassen? Leider nein.

Als Teil der Bundesstraße 68 dient die Ortsdurchfahrt gemäß ihrer Widmung einem weiträumigen (Fern-) Verkehr in einem zusammenhängenden Verkehrsnetz (§ 1 FStrG). Dieser Widmungszweck gilt selbstverständlich auch für den Schwerlastverkehr. Will man diesen Widmungszweck einschränken oder aufheben, bedarf es einer (Teil-) Entziehung bzw. der Abstufung.

Was könnte getan werden?

Unabhängig davon, ob ein Durchfahrverbot nun für LKW im Wege der (Teil-) Einziehung oder aber nach Abstufung zu einer einfachen Straße durch die Stadt Osnabrück realisiert würde – in jedem Fall liegt die Entscheidungskompetenz für derartige Maßnahmen beim Fernstraßen-Bundesamt bzw. der obersten Landesbehörde, wie sich zweifelsfrei aus § 2 Abs. 6 FStrG ergibt.

Bisher sind entsprechende Anfragen der Stadt Osnabrück dem Vernehmen nach stets mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Verkehrsbedeutung der Ortsdurchfahrt in Osnabrück nach wie vor so groß sei, dass sie auch durch Gründe des öffentlichen Wohls nicht verdrängt werden könne. Kurz gesagt: LKW-Durchgangsverkehr wiegt nach Auffassung der Entscheidungsträger in Hannover offensichtlich schwerer, als das eine oder andere Menschenleben.

Wie stehen die Chancen?

Wer nun meint, dass mit dem neuerlichen tödlichen Radunfall eine Schwelle überschritten sei, die ein anderes Abwägungsergebnis rechtfertigen müsse, wird vermutlich enttäuscht werden.

Wie sich aus der „bitteren Bilanz“ in der NOZ vom 02.12.2021 auf Seite 12 entnehmen lässt, kam es in den 15 Jahren von 2000 bis 2015 im Zuge der Ortsdurchfahrt B 68 zu 5 tödlichen Fahrradunfällen, die jeweils durch einen abbiegenden LKW verursacht wurden. Rein statistisch kommt es mithin alle drei Jahre zu einem solchen tragischen Ereignis. Genau diese Faktenlage war der obersten Landesstraßenbaubehörde in Hannover bei deren ablehnenden Entscheidung bekannt. In den vergangenen 6 Jahren von 2015 bis heute kam es inklusive des kürzlichen Ereignisses auf der Ortsdurchfahrt zu zwei weiteren tödlichen Radunfällen durch abbiegende LKW. Die statistisch erwartbare Quote hat sich also nur bestätigt. Warum also sollte man in Hannover daher nun zu einer anderen Entscheidung gelangen? Im Übrigen ergibt sich aus dem Bericht in der NOZ vom 30.11.2021, dass der LKW einen innerstädtischen Lieferauftrag hatte. Selbst wenn also ein Durchfahrverbot für LKW gegolten hätte, hätte dieser Umstand den tödlichen Unfall nicht verhindern können.

So wünschenswert es auch sein mag, den LKW-Durchgangsverkehr aus der Innenstadt zu verbannen – die Stadt Osnabrück wird andere Wege finden müssen, um die Zahl tödlich endender Fahrradunfälle zu minimieren.