von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

 

Anforderungen an die Bestimmtheit einer Beschränkung der Versammlungsfreiheit – „Auf der Straße festkleben“ vor dem OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.04.2023 – OVG 1 S 33/23.

14 Abs. 1 Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin bestimmt, dass die zuständige Behörde die Durchführung einer Versammlung unter freiem Himmel beschränken oder verbieten kann und die Versammlung nach deren Beginn auflösen kann, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Maßnahmen erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.

Der Antragstellerin wurde untersagt, sich im Zuge von Versammlungen unter freiem Himmel im Stadtgebiet Berlin

„ab Zustellung des Bescheids für die Dauer bis zum 01.06.2023“ auf den Fahrbahnen und Sonderwegen zwischen den Bordsteinen der Straßen des übergeordneten Straßennetzes festzukleben, einzubetonieren oder in ähnlicher weise dauerhaft mit der Fahrbahn zu verbinden sowie sich dort an andere Personen oder Gegenstände festzukleben, anzuketten oder in ähnlicher Weise dauerhaft zu verbinden.

Im Eilverfahren hatte das OVG nun mit Beschluss vom 28.04.2023 den vorherigen Beschluss des VG Berlin bestätigt. Danach war das konkrete ausgesprochene Verbot hinsichtlich des räumlichen Bereichs zu unbestimmt und damit rechtswidrig. Das OVG machte deutlich, dass aus der Formulierung in der Verfügung „übergeordneten Straßennetzes“ nicht eindeutig erkennbar sei, was konkret von dem Verbot betroffen sei. Insbesondere könne weder von dem Betroffenen noch von etwaigen Vollstreckungsorganen verlangt werden dahingehend selbst die Bestimmtheit der getroffenen Verbotsverfügung zu ermitteln. Die verfügende Behörde hatte weder im Bescheid noch in den zugehörigen Anlagen eine Konkretisierung bspw. durch Aufzählung der erfassten Straßen vorgenommen. Weil die Regelungen einen intensiven Eingriff in die Grundrechtsposition des Adressaten bedeutet, war die Verfügung zu unbestimmt und damit rechtswidrig.

Der Beschluss ist unanfechtbar.