von Rechtsanwalt Timm Laue-Ogal

 

Ende Februar jährte sich die Einführung des Behandlungsvertrages in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zum zehnten Mal. Die gesetzliche Regelung der bis dahin von der Rechtsprechung entwickelten Patientenrechte trat am 26.02.2013 in Kraft. Ein würdiger Anlass für den Patientenbeauftragten der Bundesregierung Stefan Schwartze (SPD), dieses Jubiläum am 27.02.2023 mit einem Festakt in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt angemessen zu feiern und gleichzeitig eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Nach einer Keynote des Bundesgesundheitsministers Dr. Karl Lauterbach diskutierte ein hochrangiges Podium aus Politik und Wissenschaft über die Weiterentwicklung der Patientenrechte. Der Medizinrechtsanwälte e.V. war mit mehreren Vertretern – u.a. Rechtsanwalt Laue-Ogal aus dem rechtskontor49 – vor Ort. Der Verein hatte im Vorfeld das Positionspapier „Mehr Patientenrechte wagen“ entwickelt und eine gemeinsame Erklärung u.a. mit dem AOK-Bundesverband und dem Sozialverband Deutschland (SoVD) abgegeben, wie der Gesetzgeber die Pläne der Ampel-Koalition zur Stärkung der Patientenrechte umsetzen könnte.

Im Rahmen der Diskussion auf dem Podium des Festaktes kristallisierte sich heraus, dass die Politik insbesondere die Frage der Beweismaßreduzierung zugunsten der Patientenseite angehen sollte. Der als juristischer Sachverständiger geladene Prof. Dr. Gutmann (WWU Münster) stellte klar, dass die bislang im Arzthaftungsrecht gesetzlich vorgesehene Beweislast eigentlich ein Fehler sei, den es zu korrigieren gelte. Die Patientinnen müssten nicht nur das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweisen, sondern zusätzlich noch, dass ihr Gesundheitsschaden allein auf diesem Fehler beruht und dass andere Ursachen ausgeschlossen sind. Das sei nur beim Behandlungsvertrag so, bei allen anderen Vertragstypen gelte diese strenge Beweislast für den Ursachenzusammenhang nicht, so Prof. Dr. Gutmann.

In der Tat kommt es deshalb in Arzthaftungsprozessen immer wieder zu sehr ungerechten Ergebnissen. Wenn ein ärztlicher Behandlungsfehler feststeht, die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fehler für den Schaden ursächlich war, aber „nur“ bei 90 % liegt, muss das Gericht die Klage nach der derzeitigen Rechtslage abweisen.

Der Medizinrechtsanwälte e.V. teilt die Ansicht von Prof. Dr. Gutmann und setzt sich zusammen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung für eine gesetzliche Neuregelung im BGB ein, nach der die Patientinnen zwar nach wie vor das Vorliegen des Behandlungsfehlers voll beweisen müssen, es im Übrigen aber ausreicht, dass der Behandlungsfehler nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Gesundheitsschaden ursächlich war. Das würde die Patientenrechte ganz im Sinne des Koalitionsvertrages der Ampel-Regierung signifikant verbessern.