Rechtsanwältin und Rechtsanwälte, die Migrationsrecht tätig sind, haben im Republikanischen Anwaltverein (RAV) einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst, in dem die Planungen für ein abweisendes Asyl-, Flüchtlings- und Zuwanderungsrecht kritisiert werden.
Die Hintergründe: Verschärfungen im deutschen und europäischen Asylrecht
Wir stehen in diesen Tagen vor den massivsten Verschärfungen des Flüchtlingsrechts seit Jahrzehnten. Es erfolgt ein Paradigmenwechsel. Die Bundesregierung will das Asylverfahren demontieren und zu einem Schnellverfahren an den Außengrenzen machen. Mit der Fiktion der Nicht-Einreise wird ein Zustand der Rechtslosigkeit statuiert. Dies wird mit der Einrichtung von Internierungslagern einhergehen. Flankierend dazu sollen auf nationaler Ebene Ausreisezentren geschaffen, Abschiebehaft ausgeweitet, die Liste sicherer Herkunftsstaaten verlängert und die Möglichkeiten des polizeilichen Zutritts zu Unterkünften zur Durchführung von Abschiebungen ausgebaut werden.
Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag in der Migrationspolitik einen „Paradigmenwechsel“ – in entgegengesetzter Richtung – angekündigt, „um Geflüchtete zu schützen“, und verabredet, sich für „bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren“ auf europäischer Ebene einzusetzen.
Nun betreibt sie eine Politik der Abschottung, in der die Menschen und ihre Rechte keinen Platz in den veröffentlichten Beschlüssen und Statements haben. Die von der Bundesregierung forcierten Änderungen auf nationaler und europäischer Ebene sind nicht nur eine der weiteren x-beliebigen Verschärfungen des Asylrechts – sie stellen das Recht von Geflüchteten, sie stellen den Rechtsstaat als solchen in Frage. (RAV, 25.5.2023)
Die Initiator:innen zu Ihrer Motivation
Als Anwält*innen im RAV, haben wir diesen Offenen Brief verfasst und möchten es an die nationalen und europäischen Entscheidungsträger*innen versenden. Wir wollen nicht resignieren angesichts des massiven Rechtsrucks in der Debatte und wollen die erkämpften Rechte verteidigen. (Berenice Böhlo, Ünal Zeran und Matthias Lehnert)
Zu den Unterzeichnern gehört auch Rechtsanwalt Henning J. Bahr, der sich als Fachanwalt für Migrationsrecht seit über 15 Jahren im Aufenthalts- und Asylrecht engagiert. Ein Interview mit Mitinitiator Matthias Lehnert mit LTO Deutschland wird hier berichtet.