von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

 

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat sich im Eilverfahren zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen die Ausbildungsdauer i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 BBiG zurückgelegt ist. Die Entscheidung ist von Relevanz für die Frage, ob Auszubildende die Voraussetzung der Zulassung zur Abschlussprüfung erfüllen.

Die Richter stellten dabei klar, dass der bloße kalendarische Ablauf der Ausbildungszeit nicht ausreichend sei, um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Zur Begründung führte der Senat aus, dass das aus § 1 Abs. 3 S. 1 BBiG zu entnehmende Ausbildungsziel der beruflichen Handlungsfähigkeit nur dann zu erreichen, wenn eine tatsächliche Ausbildung erfolgt ist. Fehlzeiten (gleich ob viele oder geringe) stellen nach Auffassung des OVG dabei nur ein Indiz dar. Maßgeblich ist stets im Einzelfall die in den Ausbildungsordnungen vorgesehene konkrete Ausbildungsdauer. Dies sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, der eine normative Regelung von Fehlzeiten in § 43 BBiG gerade nicht vorgenommen hat.

Es hat eine Beurteilung der Ausbildungsziele stets am konkreten Einzelfall zu erfolgen. Dabei kann zu berücksichtigen sein, wenn Fehlzeiten sich im letzten Ausbildungsabschnitt ereignen die Ausbildungsziele dieses Abschnitts jedoch bereits in einem vorherigen Ausbildungsabschnitt erworben wurden. Demgegenüber können auch geringe Fehlzeiten gegen die Zurücklegung der Ausbildungsdauer sprechen, wenn in diesen Fehlzeiten etwa besonders relevante Ausbildungsziele vermittelt wurden. Diese Auslegung folge aus dem Rechtsgedanken, den der Gesetzgeber in § 45 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 BBiG zum Ausdruck gebracht hat (OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.05.2023 – 2 ME 32/23, Rz. 5).

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von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

 

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 13.03.2023 – 3 K 2900/22 – entschieden, dass die Rücknahme der Ernennung eines Polizeimeisteranwärters wegen arglistiger Täuschung über das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung rechtmäßig war.

Im konkreten Fall hat ein Anwärter im Polizeidienst vor seiner Ernennung zur Überzeugung der Kammer bewusst wahrheitswidrig ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung abgegeben. Aufgrund dieses Umstandes war die Ernennung wegen arglistiger Täuschung zurückzunehmen. Das Gericht unterstrich dabei, dass – je nach konkretem Einzelfall – auch die Verpflichtung zur Rückzahlung geleisteter Bezüge bestehen kann.

Im Rahmen von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden bei dem Beamten kinder- und jugendpornographische Schriften aufgefunden worden, sowie Propagandamittel verfassungsfeindlicher Organisationen. Ferner sei der Beamte Mitglied einer Chatgruppe „Grillen gg. Überfremdung“ gewesen. Der Beamte habe Nachrichten mit frauenfeindlichen, antisemitischen, homophoben und fremdenfeindlichen Inhalt versendet. Nachdem dies bekannt wurde, wurde die Ernennung zum Polizeimeisteranwärter zurückgenommen und die Bezüge von der Einstellung bis zum Ausscheiden wurden zurückgefordert.

Der Bewerber hatte damit über seine Verfassungstreue bei der Einstellung getäuscht, was die Rücknahme der Ernennung rechtfertigte Das Gericht unterstrich dabei, dass insbesondere die Intensität, Qualität und Quantität der Handlungen die Rücknahme der Ernennung rechtfertigte.

Hinsichtlich der zurück zu zahlenden Bezüge stellte das Verwaltungsgericht fest, dass diese Entscheidung nicht ermessensfehlerhaft war. Da der Anwärter am Anfang seiner Ausbildung gestanden habe, sei die Entscheidung der Behörde nicht zu beanstanden. Das Gericht ging hierbei davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine verwertbare Arbeitsleistung erbracht worden sei.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die besondere Pflichtenstellung des Beamten und die besonderen Anforderungen an die Ernennung keine leere Worthülse darstellen. Das Fallbeispiel zeigt, dass Beamte und Beamtinnen auch außerhalb des Dienstes besondere Verantwortung tragen. Gleichzeitig betont das Verwaltungsgericht, dass stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Rücknahme der Ernennung und auch die Rückzahlungspflicht der Bezüge tatsächlich rechtmäßig ist.

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von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

 

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 14.03.2023 – 3 LD 7/22 (zuvor VG Hannover vom 28.04.2022 – 18 A 3735/21) die Berufung eines Kriminalhauptkommissars zurückgewiesen, mit der sich der Berufungskläger gegen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach erfolgter Disziplinarklage der Polizeidirektion gewendet hatte. In erster Instanz hatte das VG Hannover die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bestätigt.

Im konkreten Fall hatte der Polizeibeamte die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede gestellt. Nach Auffassung des VG und auch des OVG stellt dies eine schulhafte Verletzung der Verfassungstreuepflicht i. S. d. § 33 Abs. 1 S. 3 Beamtenstatusgesetz dar. Darüber hinaus hatte sich der Polizeibeamte in seiner Freizeit in öffentlichen Redebeiträgen dergestalt ausgelassen, dass er Verschwörungstheorien verbreitet hatte. Die konkreten Meinungsäußerungen haben dabei die Grenze sachlicher Kritik überschritten.

Bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis handelt es sich um die schwerste „Sanktion“ im Disziplinarrecht. § 11 NdDizG. § 14 NDiszG bestimmt, dass bei der Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme pflichtgemäßes Ermessen auszuüben ist. Die gewählte Sanktion muss dementsprechend verhältnismäßig sein. Dabei sind im Rahmen einer Prognoseentscheidung sowohl die Pflichtverletzung und deren Auswirkungen auf das Dienstverhältnis als auch die Auswirkungen auf das Ansehen gegenüber der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Dies ist Ausfluss der besonderen Rechts- und Pflichtenstellung des Beamten, Art. 33 GG.

Der Beamte hatte sich nach Auffassung des Senats widerholt aktiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung gewandt. Weil er damit gegen die Kernpflichten als Beamter verstoßen habe, sah der Senat die Verhängung der höchsten Sanktion als gerechtfertigt an. Die Entscheidung des OVG ist rechtskräftig.

Die Entscheidung unterstreicht die besondere Pflichtenstellung aller Beamten. Ebenfalls unterstreicht die Entscheidung, dass diese besondere Pflichtenstellung auch mit besonderen Verhaltenspflichten von Beamten in der Freizeit außerhalb des Dienstes einhergeht. Gleichzeitig wird durch die Entscheidung des OVG deutlich, dass auch die höchste Sanktion, die das Disziplinarrecht vorsieht, unmittelbar verhängt werden kann, auch wenn zuvor noch keine Dienstvergehen zu beklagen waren.

Über eine ähnliche Entscheidung und weitere Informationen zu diesem Problemkreis berichten wir hier: Bundesverwaltungsgericht beendet Beamtenverhältnis