von Rechtsanwalt Henning J. Bahr
In der vergangenen Woche kommentierte Rechtsanwalt Burkhard Wulftange einen Vorfall im Südkreis, der inzwischen auch die Neue Osnabrücker Zeitung beschäftigt hat: Ein Montainbiker ist durch einen quer zwischen zwei Bäumen gespannten Stacheldraht vom Fahrrad gerissen und verletzt worden, nur durch Glück ist nichts schlimmeres geschehen.
Wo und wie ist Radfahren im Wald erlaubt?
Grundsätzlich besteht gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) ein allgemeines Recht für jeden, den Wald zur Erholung zu betreten. Auch der Sport – und somit auch solcher mit einem Mountainbike – dient der Erholung.
Dass freies Betreten nicht auch zugleich uneingeschränktes Fahren bedeutet, ergibt sich direkt aus dem folgenden Satz 2:
Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet.
Die näheren Regelungen ergeben sich dann aus dem Landesrecht. Im folgenden sollen zunächst Niedersachsen genauer betrachtet werden.
Dass es überhaupt Beschränkungen für die private, freizeitliche Nutzung des Waldes gibt, hat das Bundesverfassungsgericht als zulässig eingestuft. Mit der Entscheidung „Reiten im Walde“ vom 6.6.1989 (Aktenzeichen: 1 BvR 921/85, veröffentlicht in der amtlichen Sammlung BVerfGE Bd. 80, ab S. 137). Dort ist es nicht als verfassungswidrig angesehen worden, dass das Reiten im Wald auf Reitwege beschränkt zugelassen ist. Gleiches wird man auch für das Radfahren annehmen dürfen.
Die Rechtslage in Niedersachsen
Für das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) gehört der Wald zur freien Landschaft. Diese darf jeder Mensch gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG betreten und sich dort erholen, wobei ausdrücklich zwischen Begehen (§ 24 NWaldLG) und Fahren (§ 25 NWaldLG) unterschieden wird und das Reiten mit § 26 NWaldLG einer eigenen Regelung unterliegt.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG ist
Das Fahren mit Fahrrädern ohne Motorkraft (…) auf tatsächlich öffentlichen Wegen gestattet.
Dies umfasst jedenfalls alle Arten muskelbetriebener Fahrräder, also insbesondere auch Mountainbikes. Ob E-Bikes bzw. Pedelecs nach dieser Vorschrift zugelassen sind oder auf die Regelung zu Kraftfahrzeugen zu verweisen sind, ist noch nicht gerichtlich geklärt. Kraftfahrzeuge dürfen nach § 25 Abs. 2 NWaldG nur auf sog. Fahrwegen genutzt werden, während Fahrräder (ohne Motorkraft) im Wald gerade auch Radwegen zugewiesen werden. Es spricht daher einiges dafür, dass E-Bikes und Pedelecs mit Hilfsmotor, die hauptsächlich durch die Pedale vorangetrieben werden, auch für das Fahren im Wald als Fahrräder anzusehen, solange sie straßenverkehrsrechtlich zur Nutzung von Radwegen geeignet sind.
§ 25 Abs. 1 Satz 2 erläutert weiter:
Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden (…)
Als Beispiele nennt das Gesetz:
- Wanderwege
- Radwege
- Fahrwege (befestigte oder naturfeste Wirtschaftswege, die von zweispurigen nicht geländegängigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können)
- Reitwege
- Freizeitwege (durch die Gemeinde in einem Wegeplan bestimmte Wege)
Nach der Rechtsprechung – Nds. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 30.6.2015 – 4 LB 63/14 – kann die Zustimmung auch in faktischer Weise, zB. durch die Errichtung eines Zaunes, entzogen werden, wenn keine Pflicht zur Einräumung der Wegenutzung besteht. Hiergegen kann die zuständige Waldbehörde einschreiten.
Der Eigentümer oder sonstige Berechtigte muss insbesondere keine unzumutbaren Nutzungen hinnehmen, insbesondere nicht solche,
durch die die Natur als Lebensraum wild lebender Tiere und wild wachsender Pflanzen oder die Grundbesitzenden geschädigt, gefährdet oder erheblich belästigt werden. Hierzu können beispielsweise Downhill abseits tatsächlich öffentlicher Wege, extreme sowie objektbezogene Formen des Geo-Caching sowie insbesondere auch Gotcha-Spiele zählen. Hierunter fallen neben den Veranstaltungen oder Aktivitäten selbst auch die Nutzung von Flächen für Maßnahmen der technischen Abwicklung dieser (z.B. Anbringen von Tafeln oder Markierungen, Aufstellen von Geräten)
- Ausführungsbestimmungen zum NWaldLG vom 05.11.2016, Nds. MBl. Nr. 43 vom 16.11.2016, S. 1094
Die Nutzung des Waldes und der freien Landschaft unterliegen aber grundsätzlich dem in § 29 NWaldLG geregelten Rücksichtnahmegebot. Daher erstreckt sich die Rücksichtnahme einerseits auf den Wald und das Grundstück selbst, andererseits aber auch auf andere Waldnutzungen. Gem. § 29 Satz 2 NWaldLG müssen Radfahrerinnen und Radfahrer (ebenso wie Reiterinnen und Reiter) besondere Rücksicht auf andere Personen nehmen.
Nach den Ausführungsbestimmungen nicht unter die tatsächlich öffentlichen Wege fallen
- Fuß- und Pirschpfade
- Holzrückelinien
- Brandschneisen
- Fahrspuren zur vorübergehenden Holzabfuhr,
- Gestelle/Abteilungslinien, -Grabenränder,
- Feld- und Wiesenraine,
- durch Skiloipen verursachte Spuren nach Wegtauen des Schnees
Auf diesen ist das Fahren mit Fahrrädern nicht von der Erlaubnis des § 25 Abs. 1 NWaldLG erfasst.
Was bedeutet das für das Mountainbiking?
Aus dem vorgenannten ergibt sich, dass Mountainbiking nur dort erfolgen darf, wo es wenigstens einen tatsächlichen Weg gibt. Dieser wäre auch bei einer vorbereiteten Downhill-Strecke vorhanden, aber auch bei Wegen, die durchschnittliche Fahrradfahrer:innen eher nicht befahren, sondern allein als Wanderstrecke auffassen würden. Der Weg muss aber nur tatsächlich vorhanden, nicht unbedingt künstlich angelegt, darf aber auch nicht abgesperrt oder von einem erkennbaren Verbot betroffen sein.
Gerade bei den tatsächlich öffentlichen Wegen muss beim Mountainbiking aber besondere Rücksicht auf Fußgänger:innen genommen werden. Lediglich bei festgelegten Radwegen liegt der Nutzungsvorrang bei Radfahrerinnen und Radfahrern.
Andererseits ist aus den vorgenannten Ausnahmen erkennbar, dass ein Weg dennoch vor allem der Fortbewegung, nicht anderen Zwecken wie Jagd, Forstwirtschaft und Brandschutz dienen muss. Downhill querfeldein, also dort entlang, wo man mit dem (geeigneten) Rad mehr oder weniger zufällig fahren kann, ist vom allgemeinen Erholungsrecht nicht umfasst.
Darf der Waldeigentümer selbst die Nutzung des Waldes verhindern?
Dass etwas nicht zulässig ist, sagt aber nichts darüber aus, dass es auf solchen „wilden“ Strecken zulässig wäre, deren Benutzung durch Drahtfallen oder ähnlich gefährliches Verhalten zu verhindern! Was Menschen gefährdet, ist schon aus anderen Gründen meistens verboten!
Welche (weiteren) Möglichkeiten der Beschränkung der Waldnutzung generell bestehend und wer für welche Schäden zu haften hat, betrachten wir im nächsten Teil der Serie „Mountainbike im Wald“.