von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange
Gute Nachrichten für Radfahrende. Das LG Köln (Az. 5 O 372/20) hat den einzuhaltenden Sicherheitsabstand für Radfahrende beim Vorbeifahren an stehenden Autos mit 50 cm für ausreichend erachtet. Nach Ansicht des LG Köln ist ein Abstand von 50 cm auch dann ausreichend, wenn für den Radfahrenden erkennbar war, dass sich die Fahrertür plötzlich öffnen könnte, da das Auto erst kurz zuvor eingeparkt und die Fahrertür bereits einen Spalt bereit geöffnet habe. Ebenso begründe auch flottes Radeln (über 30 km/h) keine Mithaftung, solange und soweit die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritte werde.
Damit steht nach Ansicht des LG Köln fest, dass ein Autofahrer immer dann einen sog. Dooring-Unfall durch grobe Unachtsamkeit allein verursacht hat, wenn Radfahrende beim Vorbeifahren an stehenden PKW die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten und einen Sicherheitsabstand einhalten, welcher der Verkehrslage und der Breite der Straße in angemessener Weise Rechnung trägt, was in der konkreten Einzelfallentscheidung mit mindestens 50 cm der Fall war.
In vorherigen Urteilen zu sog. Dooring-Unfällen galt nach ständiger Rechtsprechung sprach auch schon zuvor der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Autofahrer den Unfall verschuldet habe, weil eine Kollision mit dem Fahrrad im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt war. Gemäß § 14 Abs. 1 StVO müssen sich Autofahrer dabei nämlich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Allerdings wurde Radfahrenden immer wieder mangels hinreichendem Seitenabstand eine Mitschuld auferlegt. Zum Teil wurde sogar ein Sicherheitsabstand für erforderlich gehalten, der das vollständige Öffnen der Autotür ermöglicht hätte. Ein teilschuldbegründender zu geringer Seitenabstand ergab sich dann also allein aus dem Umstand, dass es überhaupt zu einer Kollision gekommen war.
Sofern es die jeweiligen verkehrstechnischen Umstände des Einzelfalls zulassen, sollten Radfahrende nach wie vor schon aus Selbstschutzgründen einen möglichst großen Seitenabstand von mindestens einer vollständig geöffneten Türbreite zu stehenden PKW einhalten, um Dooring-Unfälle nach Möglichkeit zu vermeiden. Wenn die Straßenverhältnisse und die Verkehrslage einen derartigen Abstand allerdings nicht ermöglicht und es zu einem Dooring-Unfall kommt, werden nach Ansicht des LG Köln Radfahrende jedenfalls dann nicht mit einer Teilschuld belastet, sofern zumindest 50 cm Seitenabstand eingehalten wurden. Und zwar auch dann nicht, wenn sie flott unterwegs sind und eine sich öffnende Tür durchaus vorhersehbar war.
Inwieweit sich auch andere Gerichte bei vergleichbaren Sachverhalten von diese Einzelfallentscheidung leiten lassen, bleibt indes abzuwarten.