Viele minderjährige Geflüchtete, bei denen die Volljährigkeit bevorsteht, gehen derzeit davon aus, dass ohne Aufenthaltstitel der Anspruch auf Familiennachzug der Eltern mit Eintritt ihrer Volljährigkeit erlischt. Es war bislang überwiegende Ansicht, dass der Aufenthaltstitel vorliegen muss, bevor ein Antrag auf ein Visum zum Nachzug für die Eltern erfolgversprechend ist.

An dieser bisherigen Rechtsprechung hat sich spätestens durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus den Jahren 2018 und 2022 sowie jüngst durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aus August 2023 viel geändert.

Auch wenn sich die oder der minderjährige Geflüchtete noch im laufenden Asylverfahren befindet und noch keinen Aufenthaltstitel hat, kann ein Antrag auf ein Visum zum Familiennachzug vor dem 18. Geburtstag ausreichen, um den Anspruch nach Eintritt der Volljährigkeit nicht zu verlieren.

Damit alle Chancen gewahrt werden, muss bei der

  • für den Wohnort der Eltern zuständigen
  • Deutschen Botschaft im Ausland
  • ein Antrag auf Visa zum Familiennachzug
  • zum Nachweis schriftlich, per Fax oder per E-Mail

gestellt werden. Dies kann auch

  • durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt mit entsprechender Vollmacht geschehen.

Wenn Sie hierzu Fragen haben, wenden Sie sich noch in 2023 gern konkret

per Mail an Rechtsanwältin Stephanie C. Eggert!

Die Beratung und auch die Antragstellung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt sind kostenpflichtig.

Rechtsanwalt Burkhard Wulftange ist erneut von der Neuen Osnabrücker Zeitung als „Experte für Rechtsfragen rund um das Fahrrad“ zu einem Gehwegunfall mit einem 8-jährigen Radfahrer befragt worden:

„Das Kind durfte auf dem Gehweg mit dem Rad fahren. Gemäß Paragraf 2 Absatz 5, Satz 1 Straßenverkehrsordnung musste das Kind nicht mehr auf dem Gehweg radeln, durfte es aber und darf es noch, bis es das zehnte Lebensjahr vollendet haben wird.“

Der Autofahrer müsse erhöhte Sorgfalt walten lassen, denn

„grundsätzlich haben Kraftfahrzeuge auf einem Gehweg nichts zu suchen und dürfen diese allenfalls queren, um auf oder von einem Grundstück, Hofeinfahrt, Parkplatz et cetera zu gelangen. So gesehen haben Fußgänger und radelnde Kinder auf dem Gehweg gegenüber dem motorisierten Kraftverkehr stets Vorrang.“

Den gesamten Artikel finden Sie – allerdings kostenpflichtig – hier:

Achtjähriger auf Gehweg in Osnabrück angefahren – und er soll schuld sein?

von Rechtsanwalt Henning J. Bahr

 

In seltener Klarheit sind in den Wochen mehrere Entscheidungen zu Gunsten der Schutzsuchenden in Asylverfahren gefallen. das Bundesverwaltungsgericht, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes haben sich zu teilweise grundsätzlichen Fragen betreffen das Asylverfahren und Abschiebungen geäußert.

Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.02.2023 – 1 C 19.21) hat entschieden, dass ein Auslesen von Handydaten im Asylverfahren unzulässig ist, wenn andere Erkenntnisquellen wie Dokumente aus dem Heimatland zur Feststellung der Identität zur Verfügung stehen. Die einschlägige Rechtsgrundlage § 15a Abs. 1 Satz 1 AsylG iVm. § 48 Abs. 3a Satz 3 AufenthG lasse ohnehin die Ausschließung von Handys nur zu diesem Zweck zu. Die hieran zu stellenden Anforderungen hätte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aber nicht eingehalten. So hatte auch schon die erste Instanz entschieden.

Der Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg (Urt. v. 22.02.2023 – A 11 S 1329/20) hat in einer aktuellen Entscheidung die Abschiebung eines jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mannes nach Afghanistan für unzulässig erklärt und die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, Abschiebungsverbote festzustellen. eine Abschiebung nach Afghanistan würde den Mann in eine ausweglose und deswegen menschenunwürdige Lage bringen, da die Situation in Afghanistan so problematisch sei, dass dort nicht einmal die elementarsten Bedürfnisse („Bett, Brot und Seife“) erwirtschaftet werden könnten. Die Flüchtlingseigenschaft oder den sogenannten subsidiären Schutz wollte der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zuerkennen.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Urt. v. 15.11.2022 – 2 A 81/22 u.a) hat bereits im vergangenen Jahr in fünf Entscheidungen Abschiebungen nach Griechenland als rechtswidrig angesehen. Hintergrund von Abschiebungen innerhalb der EU sind entweder sogenannte Dublin-Verfahren, in denen ein anderer Mitgliedstaat als Deutschland für das Asylverfahren zuständig ist, oder Asylanträge von Schutzsuchenden, die solchen Schutz bereits in anderen Mitgliedstaaten erhalten haben. In der Entscheidung wurde hinsichtlich Griechenland festgehalten, dass die Situation dort als schutzberechtigt anerkannter Personen aufgrund fehlender staatlicher Unterstützung und einer faktischen Unmöglichkeit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, so katastrophal ist, dass von sogenannten systemischen Mängeln gesprochen werden muss, die auch innerhalb des gemeinsamen europäischen Systems nicht mehr hingenommen werden können.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen kann es sinnvoll sein, zurückliegende und aktuelle asylrechtliche Verfahren noch einmal zu betrachten. Wenn Sie hierzu Fragen haben, wenden Sie sich gern an unsere Experten für Migrationsrecht.

 

 

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

 

Bisher waren die CO2-Abgabekosten, die seit 2021 bei der Nutzung von Öl- und Gasheizungen erhoben werden, Teil der Heizkosten und damit in fast allen Mietverhältnissen zu 100 % auf den Mieter umlegbar. Mit Beginn des neuen Jahres sollen nun auch Vermieter anteilig an dieser Kostenposition beteiligt werden.

Damit soll ein Anreiz für Vermieter geschaffen werden, das Mietobjekt energetisch zu modernisieren, denn der Kostenanteil des Vermieters regelt ein Stufenmodell, welches sich vereinfacht wie folgt zusammenfassen lässt: Der Kostenanteil des Vermieters verhält sich umgekehrt proportional zum relativen CO2-Verbrauch des Mietobjektes – mit anderen Worten: Je energieeffizienter ein Mietobjekt ausgestaltet ist, umso geringer wird der Kostenanteil des Vermieters.

Was sich auf den ersten Blick recht simpel anhört, eröffnet im Detail viele Folgefragen:

  • Wie wird die relative Energiebilanz eines Mietobjektes ermittelt und wer ist dafür zuständig?
  • Gilt die Berechnung nach dem Stufenmodell auch für rein gewerblich genutzte Mietobjekte und wie sieht es bei typengemischten Nutzungen aus?
  • Wie kommt der Mieter an seine Kostenerstattung, wenn er nach dem Mietvertrag einen eigenen Wärmeversorger beauftragen muss und die Heizkosten infolgedessen gar nicht in der Betriebskostenabrechnung des Vermieters auftauchen?
  • Was ist, wenn der Vermieter aufgrund denkmalschützender Auflagen gar nicht in der Lage ist, sinnvolle Wärmedämmsysteme zu installieren?

Diese und viele weitere Fragen müssen im Laufe des Jahres von den Mietparteien geklärt werden, wenn Mieter in den Genuss der anteiligen Kostenübernahme durch den Vermieter kommen und diese ihren Kostenanteil möglichst geringhalten möchten.

Sollten Sie bei der Beantwortung aller aufkommenden Fragen rund um das Mietverhältnis Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen im rechtskontor49 gerne mit Rat und Tat zur Seite.

von Rechtsanwalt Henning J. Bahr, LL.M.

Weitreichende Änderungen im Aufenthaltsrecht und im Asylverfahren

Am 2.12.2022 hat der Bundestag das Chancen-Aufenthaltsrecht beschlossen. Damit sollen Geduldete ein gesichertes Aufenthaltsrecht erhalten, unter dessen Geltung sie sich dann um die Klärung ihrer Identität kümmern können. Zumeist bedeutet das, dass ein Pass beschafft werden muss. Auch der Zugang zu anderen Bleiberechten für Geduldete, die ihre Identität bereits geklärt haben, wird durch die Gesetzesänderung erleichtert. Außerdem wurde der Ehegattennachzug zu Fachkräften erleichtert, indem die Erforderlichkeit von Sprachkenntnissen vielfach abgeschafft wurde. Ob die weiter beschlossenen Änderungen im Asylverfahren wirklich eine Beschleunigung mit sich bringen, wird sich zeigen müssen.

Die Gesetzesänderungen sind überwiegend am 1.1.2023 in Kraft getreten!

Das Chancen-Aufenthaltsrecht

Nach dem neuen § 104c AufenthG eine Aufenthaltserlaunis soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn

  • am 31.10.2022 mindestens fünf Jahre Aufenthalt in Deutschland bestanden,
  • ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordung vorliegt, das unterschrieben werden muss,
  • keine Straftaten begangen wurden, die zu mehr als 50 Tagessätzen Geldstrafe (90 Tagessätzen bei Straftaten, die nur von Ausländern begangen werden können) geführt haben oder bei denen Jugendstrafrecht (ausgenommen Jugendstrafe) angewendet wurde.

Für die Aufenthaltserlaubnis ist weder die Sicherung des Lebensunterhaltes noch die Klärung der Identität oder die Vorlage eines Passes erforderlich. Sie bedarf keines Visumverfahrens und kann auch nach einem als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrag erteilt werden. Sie gilt für 18 Monate und darf währenddessen nur als Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige gem. § 25a AufenthG oder wegen guter Integration gem. § 25b AufenthG verlängert werden.

Änderungen bei Bleiberechten wegen Integration

Die Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige gem. § 25a AufenthG soll

  • bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres
  • nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland

erteilt werden. Allerdings setzt die Erteilung mindestens 12 Monate vorangegangene Duldung voraus.

Die Aufenthaltserlaubnis wegen guter Integration gem. § 25b AufenthG kann jetzt schon

  • nach sechs Jahren Aufenthalt in Deutschland

erteilt werden. Der Zeitraum verkürzt sich auf vier Jahre, wenn ledige minderjährige Kinder im gleichen Haushalt leben.

Leichtere Einbürgerung in der Diskussion

Nur eine Diskussion der Bundesregierung bleibt die Erleichterung einer Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Allerdings ist dies aktuell für Einbürgerungsbewerber aus der Ukraine greifbar: Das Bundesinnenministerium hat die Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit als Voraussetzung für eine Einbürgerung schon vor einiger Zeit ausgesetzt.

Was bedeutet das für Sie?

Sprechen Sie uns gern auf darauf an, ob das Chancen-Aufenthaltsrecht oder eine der anderen neuen Regelungen für Sie in Frage kommt. Für die Prüfung benötigen wir

  • eine aktuelle Duldungsbescheinigung
  • einen Nachweis für die Einreise nach Deutschland (zB. den ersten Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge),
  • eine Auskunft, ob Sie in der Vergangenheit wegen Staftaten verurteilt wurden und
  • Informationen zu Ihrem Einkommen und mit wem Sie gemeinsam leben.

Senden Sie die Unterlagen an info@rechtskontor49.de. Für die Prüfung fällt eine Bearbeitungspauschale an, wenn wir für Sie das Antragsverfahren durchführen sollen, bringt das weitere Kosten mit sich.

 

Lesen Sie auch noch einmal in unserem FAQ nach!

 

Dieser Artikel ist erstmals am 3.12.2022 erschienen und wird wegen aktueller Änderungen neu veröffentlicht.

rechtskontor49 geht in die Weihnachtspause – ab dem 2.1.2023 sind wir wieder für Sie da!

Wir wünschen schöne Feiertage und einen guten Rutsch!

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

 

Gute Nachrichten für Radfahrende. Das LG Köln (Az. 5 O 372/20) hat den einzuhaltenden Sicherheitsabstand für Radfahrende beim Vorbeifahren an stehenden Autos mit 50 cm für ausreichend erachtet. Nach Ansicht des LG Köln ist ein Abstand von 50 cm auch dann ausreichend, wenn für den Radfahrenden erkennbar war, dass sich die Fahrertür plötzlich öffnen könnte, da das Auto erst kurz zuvor eingeparkt und die Fahrertür bereits einen Spalt bereit geöffnet habe. Ebenso begründe auch flottes Radeln (über 30 km/h) keine Mithaftung, solange und soweit die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritte werde.

Damit steht nach Ansicht des LG Köln fest, dass ein Autofahrer immer dann einen sog. Dooring-Unfall durch grobe Unachtsamkeit allein verursacht hat, wenn Radfahrende beim Vorbeifahren an stehenden PKW die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten und einen Sicherheitsabstand einhalten, welcher der Verkehrslage und der Breite der Straße in angemessener Weise Rechnung trägt, was in der konkreten Einzelfallentscheidung mit mindestens 50 cm der Fall war.

In vorherigen Urteilen zu sog. Dooring-Unfällen galt nach ständiger Rechtsprechung sprach auch schon zuvor der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Autofahrer den Unfall verschuldet habe, weil eine Kollision mit dem Fahrrad im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt war. Gemäß § 14 Abs. 1 StVO müssen sich Autofahrer dabei nämlich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Allerdings wurde Radfahrenden immer wieder mangels hinreichendem Seitenabstand eine Mitschuld auferlegt. Zum Teil wurde sogar ein Sicherheitsabstand für erforderlich gehalten, der das vollständige Öffnen der Autotür ermöglicht hätte. Ein teilschuldbegründender zu geringer Seitenabstand ergab sich dann also allein aus dem Umstand, dass es überhaupt zu einer Kollision gekommen war.

Sofern es die jeweiligen verkehrstechnischen Umstände des Einzelfalls zulassen, sollten Radfahrende nach wie vor schon aus Selbstschutzgründen einen möglichst großen Seitenabstand von mindestens einer vollständig geöffneten Türbreite zu stehenden PKW einhalten, um Dooring-Unfälle nach Möglichkeit zu vermeiden.  Wenn die Straßenverhältnisse und die Verkehrslage einen derartigen Abstand allerdings nicht ermöglicht und es zu einem Dooring-Unfall kommt,  werden nach Ansicht des LG Köln Radfahrende jedenfalls dann nicht mit einer Teilschuld belastet, sofern zumindest 50 cm  Seitenabstand eingehalten wurden. Und zwar auch dann nicht, wenn sie flott unterwegs sind und eine sich öffnende Tür durchaus vorhersehbar war.

Inwieweit sich auch andere Gerichte bei vergleichbaren Sachverhalten von diese Einzelfallentscheidung leiten lassen, bleibt indes abzuwarten.