von Rechtsanwalt Henning J. Bahr, LL.M.

 

Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?

Die „Gretchenfrage“ (J. W. Goethe, Faust I, Vers 3415)

 

Am 6.4.2022 hatte das Bundesverwaltungsgericht laut Pressemitteilung Nr. 22/2022 über folgenden Streit zu entscheiden:

Gegenstand des Verfahrens ist eine kommunale Zuwendung zum Erwerb eines Pedelecs nach der „Förderrichtlinie Elektromobilität“ der beklagten Stadt. Diese fordert eine „Schutzerklärung in Bezug auf die Lehre von L. Ron Hubbard/Scientology“, mit welcher die/der Antragsteller:in erklärt, die Lehre von Scientology nicht anzuwenden, nicht zu verbreiten und auch keine Kurse oder Seminare der Organisation zu besuchen. Diese Erklärung gab die Klägerin nicht ab, die Stadt versagte die Förderung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage dagegen abgewiesen, der übergeordnete Verwaltungsgerichtshof hingegen im Berufungsverfahren Stadt verpflichtet, der Klägerin eine Förderzusage zu erteilen.

Diese oder ähnliche Programme zur Förderung des Radverkehrs gibt es in vielen Städten, so auch in Osnabrück für die Anschaffung von Lastenrädern.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die Förderung nicht von der Abgabe der geforderten Erklärung abhängig gemacht werden darf. Zuwendungen und Förderungen dürfen die Kommunen – zu denen auch die beklagte Stadt gehört – nur im Rahmen der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gewähren, innerhalb dessen sie geschützt von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) in eigener Verantwortung tätig wird.

Dieser Rahmen werde überschritten, wenn die Kommune wie hier für die Bewilligung einer Zuwendung eine Distanzierungserklärung von welcher weltanschaulichen Ausrichtung auch immer verlangt. Dies greife in die Religionsfreiheit gem. Art. 4 GG ein, ohne dass es hierfür eine gesetzliche oder verfassungsrechtliche Rechtfertigung gebe. Außerdem sei die (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder Weltanschauung im Sinne des Gleichheitsgrundrechts ein unzulässiges Differenzierungskriterium. Es bestehe kein Zusammenhang mit dem Förderungszweck.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu begrüßen, gleichgültig wie man zur Church of Scientology steht. Denn grundsätzlich könnte ansonsten jede Religion von derartigen Förderungen ausgeschlossen oder bestimmte Weltanschauungen bevorzugt werden. Dies ist mit einem säkularen Staat nicht vereinbar – umso überraschender ist es, dass dies einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedurfte und es innerhalb der Instanzen wenigstens das erstinstanzliche Verwaltungsgericht gab, das der beklagten Stadt recht gegeben hat!

 

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

 

Ein aktueller Vorschlag aus Teilen der Lokalpolitik der Stadt Osnabrück sieht vor, die Windthorststraße in Osnabrück zwischen der Kreuzung Weberstraße und dem Ortsausgang zu einer Fahrradstraße zu machen. Die aktuelle rot–grün–violette Ratsmehrheit steht der Umgestaltung der Windthorststraße zur Fahrradstraße allerdings eher kritisch gegenüber und hat sich erst einmal gegen eine kurzfristige Umsetzung entschieden.

Diese Debatte bietet Anlass dazu, sich auch aus juristischer Sicht mit Fahrradstraßen auseinanderzusetzen und die Argumente für oder gegen die Umwidmung der Windthorststraße zur Fahrradstraße näher zu beleuchten

Juristische Einordnung: Echte und unechte Fahrradstraße

Fahrradstraßen sind zunächst einmal Straßen, die Radfahrern durch bestimmte Einschränkungen des sonstigen Verkehrs einen besonderen Schutz bieten sollen. Nach § 43 Abs. 1 StVO in Verbindung mit dem Anhang 2 Nr. 23 dürfen nur Radfahrer, sowie Elektrokleinstfahrzeuge die Straße benutzen und Radfahrer erhalten das Privileg Nebeneinander zu fahren. Dies stellt den Fall einer echten Fahrradstraße dar. Die Windhorststraße soll entsprechend dem Vorschlag von CDU und BOB allerdings eine sog. unechte Fahrradstraße werden, in der weiterhin Kraftfahrzeuge zugelassen sein sollen. Dieser Verkehr darf ausnahmsweise durch die Anordnung entsprechender Zusatzzeichen zugelassen werden (z. B. Anliegerverkehr oder Kraftfahrzeugverkehr frei). Die Kraftfahrer dürfen sich dann mit einer maximalen Geschwindigkeit von 30 km/h fortbewegen und müssen sich an schmalen Stellen an das Tempo der Fahrradfahrer anpassen, wenn diese nicht sicher überholt werden können.

Eine Fahrradstraße wird dabei begründet durch die Aufstellung des Verkehrszeichens Nr. 244.1, dessen Abbildung im Anhang 2 Nr. 23 StVO zu finden ist. Dieses Verkehrszeichen darf aber nur aufgestellt werden, wenn es aufgrund der Umstände vor Ort unbedingt erforderlich ist, § 45 Abs. 1 und Abs.9 StVO. Wie aber ist das Kriterium der Erforderlichkeit zu deuten? Das VG Berlin hat 05.12.2018 in einem Urteil (Az: 11 K 298.17) ausgeführt, dass eine Fahrradstraße erforderlich sei, wenn eine nur geringe Fahrbahnbreite vom 4,60 m vorliege, da hier die allgemeinen Verkehrsregeln, sowie das Rücksichtnahmegebot aus § 1 Abs. 1 StVO nicht ausreichend seien, um einen Fahrradfahrer zu schützen. Das VG Leipzig verweis auf § 45 Abs.9 S.2 StVO und sieht eine Beschränkung des Verkehrs im Sinne einer Fahrradstraße als erforderlich an, wenn ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer nicht in der Lage ist eine Gefahrensituation zu erkennen (VG Leipzig, BeckRS 2021, 43829, Rn. 29). Die Erforderlichkeit einer Fahrradstraße entfällt dann, wenn die mit der Anordnung derselbigen bezweckten Wirkungen, auch aufgrund der allgemeinen [z.B. § 1 Abs. 1 StVO] und besonderen Verhaltensregeln erreicht werden können (BVerwG vom 01.09.2017, 3 B 50/16). Letzten Endes bleibt es dabei, dass anhand dieser Kriterien eine Prüfung der Sachlage im Einzelfall zu erfolgen hat.

Wird nach Ansicht der Behörde eine Fahrradstraße für erforderlich gehalten, hat sie ein sogenanntes Ermessen, ob sie eine echte oder unechte Fahrradstraße anordnen möchte. Im Ermessen, welches inhaltlich einer Abwägung der Gesamtsituation entspricht, sind Verwaltungsvorschriften der VwV-StVO 2021 zu den Zeichen 244.1 und 244.2 zu berücksichtigen. Es muss eine hohe Anzahl an Fahrrädern die Straße benutzten und die Straße muss für den übrigen Fahrzeugverkehr eine eher untergeordnete Bedeutung haben. Gleichzeitig müssen die Interessen des Fahrzeugverkehrs berücksichtigt werden.

Soweit zur rechtlichen Einordnung.

Für und Wider einer unechten Windthorst-Fahrradstraße

Welchen tatsächlichen Nutzen und Mehrwert ergäbe sich daraus dann ganz konkret für Radfahrer, wenn die Windthorststraße zu einer unechten Fahrradstraße werden sollte? Die grundsätzlichen Vorteile einer Fahrradstraße sind nicht von der Hand zu weisen, schließlich räumen sie den Fahrradfahrern zumindest in der Theorie eine erhöhte Sichtbarkeit und Sicherheit im Straßenverkehr ein. Doch kann die Einrichtung der Windthorstsraße zur unechten Fahrradstraße geeignet sein, die Situation für Fahrradfahrer auch in der Praxis verbessern? Die Gefährdungen entstehen an der Windthorststraße jedenfalls nicht vorrangig durch waghalsige Überholmanöver von Autofahrern im Rahmen des Durchgangsverkehrs. Das Problem ist vielmehr die enge Parkplatzsituation, die durch die sogenannten „Elterntaxis“ vor den Schulen und Kindergärten in der Straße ausgelöst wird. Die größte Gefahr für Radfahrer ergibt sich dabei aus Wendemanövern und mehr oder weniger straßenverkehrsgerechten Versuchen, einen Parkplatz zu ergattern, bei denen Fahrradfahrer (und auch Fußgänger) übersehen werden.

Darüber hinaus zeigt die Erfahrung mit der Umwidmung der Lyrastraße in Osnabrück zur unechten Fahrradstraße keine durchgreifende Verbesserung der Sicherheit für Radfahrende. Dort ist jedenfalls zu den Stoßzeiten keine besondere Rücksichtnahme gegenüber Radfahrenden festzustellen. Auch als Radfahrender ist man dort im Blechstau gefangen oder wird durch unzulässige Überholmanöver gefährdet. Entsprechend wenig Veränderung ist daher auch an der Windthorststraße zu erwarten. Auch dort wird allein die Einrichtung einer unechten Fahrradstraße kaum dazu führen, das Verhalten der Elterntaxis nachhaltig zu verbessern.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass es zwar absolut lobenswert ist, über Verbesserungen der Sicherheit der Radfahrer auch und vor allem an der Windthorststraße nachzudenken. Ob allerdings die Einrichtung einer unechten Fahrradstraße geeignet ist, die gewünschte Verbesserung zu erreichen, darf daher bezweifelt werden. Möglicherweise wären aber mehr Eltern bereit, auf ihre Taxidienste zu verzichten, wenn ihren Kindern ein wirklich sicherer Schulweg zu Fuß oder auch mit dem Rad auf dem Weg zur Schule zur Verfügung stehen würde, und zwar auf der gesamten Wegstrecke und nicht nur auf den letzten 500 Metern.

von Rechtsanwalt Henning J. Bahr

 

„Als Einzelperson ist man oft ratlos!“

Äußerung eines Ratsuchenden, April 2022

Dass die Situation der Radwege in Osnabrück nicht optimal ist, ist inzwischen wiederholt dargestellt worden. Verschärft wird dieser Missstand durch das regelwidrige Abstellen von Kraftfahrzeugen auf Geh- und Radwegen, allgemein Falschparken genannt. Wird ein Geh- oder Radweg von abgestellten Fahrzeugen blockiert, zwingt das die eigentlich berechtigten Nutzer:innen zum Ausweichen – häufig auf weniger sichere Teile des Verkehrsweges, möglicherweise sogar auf die befahrene Straße.

Kann eine Privatperson etwas gegen Falschparkende unternehmen?

Abschleppen lassen

Den Auftrag, ein rechtswidrig abgestelltes Fahrzeug abschleppen zu lassen, kann auf Kosten des Fahrzeughalter:in oder -nutzer:in nur erteilt werden, wenn sogenannte „verbotene Eigenmacht“ durch die Nutzer:in des parkenden Fahrzeuges vorliegt. Dies ist zB. der Fall, wenn ein Fahrzeug auf einem Privatgrundstück oder einem gemieteten Parkplatz abgestellt wird. Dann hat die berechtigte Person die Möglichkeit, dagegen durch ein sach- und fachgerechtes Abschleppen vorzugehen [vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5.6.2009, Az. V ZR 144/08]. Ähnlich ist es zu bewerten, wenn ein Fahrzeug durch das regelwidrige Parken das Wegfahren von einem Parkplatz oder Grundstück verhindert.

Ein lediglich störendes Fahrzeug im öffentlichen Raum kann durch eine Privatperson nicht beseitigt werden. Dies wäre wiederum seinerseits rechtswidrig und möglicherweise sogar strafbar.

Anzeige erstatten

Die Ordnungsbehörden, also das Ordungsamt vor Ort, sind für die sogenannte Gefahrenabwehr zuständig, die Verhinderung drohender Verletzung von Vorschriften und Rechte anderer Menschen. Hierzu zählt auch das Vorgehen gegen Verkehrswidrigkeiten im ruhenden Verkehr, in erster Linie natürlich durch „Knöllchen“ mit Geldbußen im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Aber Gefahren für den fließenden Verkehr können auch durch Abschleppen falsch parkender Fahrzeuge im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung – in Niedersachsen nach dem Nds. Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) – beseitigt werden. Unter Berufung auf frühere Entscheidungen hat dies das Verwaltungsgericht Leipzig zusammengefasst:

Die Verhältnismäßigkeit einer Abschleppmaßnahme setzt grundsätzlich keine konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer voraus (BVerwG, Beschluss vom 1.12.2000 – 3 B 51/00 -, juris Rn. 4). Nicht jeder Parkverstoß rechtfertigt zwar allein unter Berufung auf eine negative Vorbildwirkung und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention ohne Weiteres das Abschleppen eines Fahrzeugs. Die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, dürfen nicht außer Verhältnis zum bezweckten Erfolg stehen, was aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilten ist (BVerwG, Beschluss vom 18.2.2002 – 3 B 149/01 -, juris Rn. 4). Unzweifelhaft ist aber, dass verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge regelmäßig dann abgeschleppt werden dürfen, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer behindern. Dies gilt etwa beim Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder beim Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim verbotswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.4.2014 – 3 C 5/13 -, BVerwGE 149, 254-265, juris Rn. 12). Ebenso ist das Abschleppen eines Fahrzeugs, das in einen Radweg hineinragt, wegen der Verkehrsbedeutung des Sonderweges regelmäßig nicht zu beanstanden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.4.2011 – 5 A 954/10 -, juris Rn. 10; OVG Hamburg, Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98 -, juris Rn. 28).

VG Leipzig, Urteil vom 5.5.2021 – 1 K 860/20

Die Möglichkeiten der Ordnungsbehörde sind also vielfältig und beinhalten insbesondere auch die Möglichkeit, den falsch parkenden Wagen zu entfernen, vor allem bei Behinderung des fließenden Verkehrs. Die Kosten sind dann vom Verursachenden zu tragen.

Darf eine Privatperson die Ordnungsbehörde auf Falschparker hinweisen?

Eindeutig: Ja!

Die einschlägige Literatur leitet aus § 158 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), der auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt, als Folge des staatlichen Gewaltmonopols ein „Recht zur Anzeige“ ab:

Auch muss der Bürger, wenn ihm jede eigenhändige Deliktssanktionierung verwehrt ist, vom Staat, der insoweit ein Monopol reklamiert, hierzu wenigstens angehört werden. Deshalb ist grundsätzlich jedermann zu den Mitteilungen (…) berechtigt. Es bedarf dazu weder der eigenen Schädigung noch eines besonderen persönlichen Interesses.

Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung
§ 158 StPO, Randnummer 11

Ein Anruf bei der Polizei ist nur hilfreich, wenn der Verstoß außerhalb der normalen Dienstzeiten festgestellt wird und zugleich von dem Parkverstoß eine Gefahr ausgeht, die mit einer gewissen Dringlichkeit beseitigt werden muss. Das kann bei schwerwiegenden Behinderungen durchaus der Fall sein.

Drohen Anzeigenden Geldbußen wegen Datenschutzverstößen?

Vielfach werden Anzeigen gegen Falschparkende oder andere Verkehrssünder:innen mit Handyfotos oder Videos sogenannter Dashcams belegt, bei denen gerade die Kfz-Kennzeichen zu erkennen sind. Teilweise fordern Behörden sogar zur Einreichung von Fotobeweisen auf und bearbeiten Anzeigen ohne diese nicht.

Immer wieder kommt es aber vor, dass solche Anzeigen Gegenstand von Verfahren bei den Landesdatenschutzbehörden sind und zu Bußgeldbescheiden führen. Insbesondere das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat inzwischen mehrere Verfahren dieser Art eingeleitet, derzeit hat das Verwaltungsgericht Ansbach über den Fall eines Familienvaters zu entscheiden, der eine Anzeige eingereicht hatte. Die Behörde nimmt an, dass es kein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung gibt, das die elektronische Verarbeitung und Weitergabe des Kfz-Kennzeichens als zumindest mittelbar betroffene personenbezogene Angabe rechtfertigen soll.

Dies ist wenig überzeugend. Wenn Bürgerinnen und Bürger das Recht zur Anzeige haben, müssen sie auch in der Lage und berechtigt sein, die notwendigen Belege vorzulegen. Dies dient dem Eigenschutz vor dem Vorwurf falscher Verdächtigung, aber auch der Sicherung eines ordnungsmäßigen Verfahrens. Zudem handeln sicher die wenigstens Anzeigeerstatter:innen, ohne eigene Interessen zu verfolgen – und wenn es nur die Sicherheit des eigenen Fahrtweges ist.

Der Kollege Rechtsanwalt Michael Kamps hat sich mit dieser Fragestellung eingehend und inhaltlich richtig beschäftigt! Sollten Sie wegen der Verwendung eines Fotos mit Kennzeichen zu einem Bußgeld herangezogen werden, melden Sie sich gern bei uns – wir helfen Ihnen weiter!

Wenn die Ordnungsbehörde nicht tätig wird

Die Möglichkeiten, Ordnungsbehörden zum Einschreiten gegen Falschparker:innen zu zwingen, sind leider überschaubar.

Strafanzeige gegen die Behörde?

Es gibt keinen Straftatbestand, um erfolgversprechend die Untätigkeit einer Verkehrsaufsichtsbehörde durch die Staatsanwaltschaft verfolgen zu lassen. Wie mein Kollege Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier hier schon dargestellt hat, folgt das Ordnungswidrigkeitenrecht – und reine Parkverstöße fallen praktisch immer hierunter – dem sogenannten Opportunitätsprinzip: Entscheidet sich eine Behörde dagegen, etwas zu unternehmen, liegt dies nach derzeitiger Rechtslage in ihrer Entscheidungskompetenz und begeht keine Strafvereiteilung, Rechtsbeugung oder vergleichbare Tat. Das gleiche gilt für die Entscheidung über das Abschleppen, weil auch das Einschreiten im Gefahrenabwehrrecht eine kaum zu überprüfende Ermessenentscheidung ist.

Klagen vor dem Verwaltungsgericht?

Eine sogenannte Untätigkeitsklage ist nur möglich, wenn es um eigene Anträge geht, in denen eigene Belange betroffen sind. Auch wenn eine Anzeige aus eigenem Interesse erstattet wurde, genügt dies für eine Untätigkeitsklage nicht, weil man an einem Verfahren, das durch eine Anzeige eingeleitet wurde, selbst nicht beteiligt ist.

Es ist auch wenig erfolgversprechend, eine Ordnungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen, gegen Falschparker strenger mit Bußgeldern vorzugehen oder diese immer abschleppen zu lassen. Zum einen müsste das Verfahren auf einen konkreten Verstoß bezogen sein, der regelmäßig schneller beseitigt ist, als das Verwaltungsgericht selbst im Eilverfahren entscheidet. Zum anderen aber besteht kein allgemeines Recht, dass Behörden gegen Falschparker vorgehen, auf das sich der einzelne berufen könnte. Das aber ist notwendig, um vor dem Verwaltungsgericht Gehör zu finden, wie es zB. in der Vergangenheit mit Luftreinhalteplänen gelungen ist, auf die es einen allgemein durchsetzbaren Anspruch gibt.

Deswegen kann man gerichtlich gegen bestimmte Radwegfestsetzungen vorgehen, zB. wenn die Nutzung des zu benutzenden Weges zu unsicher ist, oder für die Festsetzung bestimmter Park- und Halteverbote oder sonstiger Maßnahmen gegen verkehrswidriges Parken. Für letzteres muss man aber persönlich nicht nur als Passant:in, sondern zB. als Anwohner:in betroffen sein. So hat zuletzt das Verwaltungsgericht Bremen in einem Urteil vom 11.11.2021 (Az. 5 K 1968/19) Anwohner:innen Recht gegeben, die die Straßenverkehrsbehörde zum Einschreiten gegen „aufgesetztes Gehwegparken“ in einer Wohnstraße zwingen wollten, weil die Ordnungsbehörde nichts oder nicht genug unternommen hat. Einen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen gibt es auch danach nicht, einem völligen Ablehnen des Einschreitens hat das Gericht in der dortigen Situation aber eine Absage erteilt. Welche Voraussetzungen für eine solche Konstellation erforderlich sind, können wir jeweils in einer konkreten Beratung sagen.

Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde

Immer möglich sind eine form und fristlose Dienst- oder Fachaufsichtsbeschwerde. Erstere richtet sich zumeist gegen die Amtsführung der einzelnen Sachbearbeiter:innen oder Vollzugsbeamte; sie ist an die Stelle zu richten, deren Arbeit beanstandet wird, idealerweise direkt an die Behördenleitung, zB. in Osnabrück die Oberbürgermeisterin. Die Fachaufsichtsbeschwerde wird an die übergeornete Behörde gerichtet, die die Aufsicht über die Ordnungsbehörde führt.

Es besteht kein Grund, hiervor zurückzuschrecken, in einer solchen Beschwerde in eigenen Worten und ohne Nennung von Gesetzen und Paragraphen das zu schildern, was Sie sich wünschen. Ehrlicherweise wird man allerdings sagen müssen, dass Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerde nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie wirklich fundiert der Behörde aufzeigen, welcher Missstand besteht, welche Handlungsoptionen die Behörde hat und warum es besser wäre, diese wahrzunehmen. Dafür sind durchaus vertiefte Kenntnisse im Verwaltungs- und Verkehrsrecht erforderlich. Wenn Sie also bei einem solchen Vorgehen vertreten werden wollen, wenden Sie sich gern an uns. Wir unterstützen Sie gern.

Was folgt daraus?

Der erfolgversprechendste Weg, die Situation der Radfahrenden und die Sicherheit auf Radwegen zu verbessern, ist daher der Weg über die politischen Gremien und die Gesetzgebung. Hierzu kann man nur aufrufen – engagieren Sie sich in Parteien, denen die Verkehrswende am Herzen liegt, in Ihrem Stadt- oder Gemeinderat oder unterschreiben Sie beim Radentscheid Osnabrück.

Es ist keine verlorene Zeit, denn dort kann wirklich etwas verändert werden.

 

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

 

Das Amtsgericht (AG) Osnabrück hat den LKW-Fahrer für schuldig befunden, den Tod des 62-jährigen Radfahres in fahrlässiger Weise herbeigeführt zu haben. Auch das Strafmaß ist nun amtlich: Das Leben eines Radfahrenden ist nach Ansicht des AG Osnabrück eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten wert.

Eine derart verkürzte plakative Zusammenfassung der Geschehnisse rund um den erneut tödlich endenden Radunfall durch einen abbiegenden LKW und den sich daraus für den Täter ergebenden Konsequenzen wird den handelnden Akteuren im Prozess sicher nicht gerecht. Allein der Umstand, dass sämtliche Verfahrensbeteiligte auf Rechtsmittel verzichtet haben, lässt darauf schließen, dass das urteilende Gericht im Rahmen der Rechtsordnung und unter Berücksichtigung aller Umstände ein sachgerechtes Urteil gesprochen hat.

Gleichwohl bleibt ein fader Beigeschmack. Echte Genugtuung wird die Familie des Unfallopfers vermutlich dadurch nicht erfahren haben, zumal etwaige fahrerlaubniswirksamen Maßnahmen nicht ausgeurteilt wurden. Der verurteilte LKW-Fahrer hätte folglich direkt aus dem Verhandlungssaal wieder in sein Fahrzeug steigen und losfahren dürfen.

Auch eine abschreckende Wirkung auf die Allgemeinheit dürfte von einem solchen Urteil kaum ausgehen. Wer sich also erhofft hat, durch das Urteil werde ein durchgreifendes Umdenken motorisierter Verkehrsteilnehmer stattfinden, so dass zukünftig jedwede im Verkehr erforderliche Sorgfalt zur Vermeidung von Unfällen mit Radfahrenden oder Fußgängern eingehalten wird, dürfte enttäuscht werden.

Was die Justiz leisten kann – und wer jetzt handeln muss

Es bleibt mithin festzustellen, dass die Jurisdiktion auf Fehlverhalten und mangelnde Sorgfalt im Straßenverkehr nur reparieren und entsprechende Sanktionen aussprechen kann. Wenn es darum geht, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer so gut als möglich zu schützen, sind vor allem anderen Legislative und Exekutive gefordert, entsprechende Maßnahmen, Vorschriften und Gesetze zu erlassen und umzusetzen, die geeignet sind, Unfallereignisse wie das hier besprochene gar nicht erst entstehen zu lassen.

Beispiele und Ideen für die konkrete Umsetzung sinnvoller Maßnahmen gibt es dabei zu Hauf: LKW-Durchfahrtsverbote, Tempo-30 Zonen, räumliche Trennung von motorisierten Individualverkehr und Radverkehr, um nur einige Beispiele zu nennen. Darüber hinaus haben unsere Nachbarländer wie etwas die Niederlande und Dänemark bereits gezeigt, wie sicheres Radfahren funktionieren kann, und zwar auch in großen Städten, in denen das Platzangebot ähnlich eingeschränkt ist wie in Osnabrück.

 

ein Kommentar von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

Mobilität vs. Unversehrtheit

Immer wieder kommt es im Straßenverkehr zu Unfällen, die erhebliche Verletzungen und den Tod von Menschen nach sich ziehen. Im Alltag begegnet das Bedürfnis an individueller Mobilität (Art. 2 Abs. 1 GG) dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Leben, Art. 2 Abs. 2 GG. Sowohl die Wahl der Art der Mobilität im Alltag als auch das Recht nicht gefährdet zu werden genießen somit verfassungsrechtlichen Schutz. An diesen Vorgaben haben sich einfachgesetzliche Regelungen messen zu lassen. Wann immer grundrechtlich geschützte Positionen aufeinandertreffen, muss ein Ausgleich geschaffen werden, wonach beiden Positionen möglichst viel Entfaltung zukommt, ohne dass eine Position vollständig zurücktritt. Diese Abwägung wird in der Rechtswissenschaft als praktische Konkordanz bezeichnet.

Die rechtliche Konfliktbewältigung in Bewegung

Im Rang unterhalb der Verfassung hat der Gesetzgeber die Vorgaben der Verfassung konkretisiert und in einfachgesetzlichem Rahmen festgelegt. Für den Straßenverkehr sind die Verhaltensgebote primär in der StVO niedergelegt. Verstöße gegen die StVO sind regelmäßig mit einem Bußgeld belegt und werden im Ordnungswidrigkeitsverfahren geahndet. § 47 OwiG sieht für Ordnungswidrigkeiten das sog. Opportunitätsprinzip vor. Das bedeutet, dass die zuständige Verwaltungsbehörde im pflichtgemäßen Ermessen selbst entscheiden kann, ob sie eine Verfolgung eines Verstoßes fortführt oder das Verfahren eigenständig einstellt. Ein weiterer Aspekt des Ordnungswidrigkeitsverfahrens im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr ist, dass die Bußgelder regelmäßig aufgrund des erlassenen Bußgeldkatalogs festgelegt sind.

Der technische Fortschritt und die Zunahme an individueller Mobilität führen bedauerlicherweise immer häufiger zu erheblichen Verletzungen und immer häufiger zum Tod von Bürger:innen im Zusammenhang mit dem täglichen Straßenverkehr. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Bußgelder, die im Ordnungswidrigkeitenverfahren verhängt werden, eine ausreichende Abschreckungswirkung entfalten, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten. In den vergangenen Jahren hat sich deshalb immer häufiger das Erfordernis ergeben, Fragen im Zusammenhang des Straßenverkehrs nicht mehr nur auf der Ebene der Ordnungswidrigkeiten juristisch zu diskutieren, sondern diese in den Bereich des Strafrechts zu verlagern. Im Unterschied zum Ordnungswidrigkeitenverfahren obliegt die Entscheidung, ob ein Strafverfahren eingeleitet wird nicht den Verwaltungsbehörden, sondern der Staatsanwaltschaft. § 152 Abs. 2 StPO legt das sogenannte Legalitätsprinzip fest. Danach ist die Strafverfolgungsbehörde verpflichtet Ermittlungen aufzunehmen, sofern zureichende Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Straftat verübt worden sein könnte. Im Unterschied zum Bußgeldverfahren besteht hier also nicht die Möglichkeit ein Verfahren aus Opportunitätsgründen einzustellen.

Das Strafrecht sieht in der Bundesrepublik besondere Straftatbestände vor, die auf den Straßenverkehr zugeschnitten sind (bspw. §§ 315b, 315c, 315d, 316 StGB). In den vergangenen Jahren hat sich die rechtswissenschaftliche Diskussion und Praxis jedoch mit weiteren Fragestellungen aus dem Bereich des Strafrechts beschäftigen müssen. Die Straftatbestände, die auf den Straßenverkehr zugeschnitten waren, haben die tatsächlichen Auswirkungen des Straßenverkehrs nicht (vollständig) erfassen können. Die öffentliche Diskussion hat – zurecht – gefragt, ob bestimmte Verhaltensweisen im Straßenverkehr von der Gesellschaft zu akzeptieren seien und weshalb das Strafrecht diese Verhaltensweisen nicht in ausreichender Weise sanktionierte. Hintergrund dieser Überlegungen ist ein medial stark diskutierter Vorfall in Berlin, der indessen kein Einzelfall geblieben ist – jedenfalls was die Tathandlung anbelangt. In dem damaligen Fall haben sich zwei junge Männer in der Hauptstadt verabredet ein Autorennen innerhalb einer Innenstadt durchzuführen. Nach den Informationen, die bekannt geworden sind, sind die beiden Männer mit hochmotorisierten Autos mit hoher Geschwindigkeit in Berlin durch die Innenstadt gerast. Zunächst hatten die Beteiligten diese Rennen von Ampel zu Ampel begonnen. Im weiteren Verlauf steigerten sich die Beteiligten immer weiter in die Situation herein und erreichten Geschwindigkeiten von deutlich über 100 km/h (teils bis zu 160 km/h) in der Innenstadt Berlins. Zu diesem Zeitpunkt reagierten die Beteiligten auch nicht mehr auf rote Ampeln, sondern missachteten diese und fuhren über rot. Das Rennen endete durch einen fürchterlichen Zusammenstoß. Ein älterer Herr ist mit seinem Auto – er hatte grün – auf eine Kreuzung eingefahren und wurde von einem der am Rennen beteiligten Personen seitlich gerammt. Der ältere Herr verstarb am Ort des Zusammenstoßes, während die beiden am Rennen beteiligten Männer überlebten. Erst dieser Vorfall veranlasste den Gesetzgeber dazu, „Autorennen“ strafrechtlich ausdrücklich zu sanktionieren und § 315d StGB in das Strafgesetzbuch aufzunehmen.

Ein Mensch wurde durch rücksichtsloses Verhalten getötet. Die Rechtsordnung ging zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich von einem derart krassen Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr aus. Für die Einordnung des Strafverfahrens ist es wichtig zu wissen, dass das Strafrecht so aufgebaut ist, dass nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, solange das Gesetz nicht auch ausdrücklich fahrlässiges Verhalten unter Strafe stellt. Regelmäßig wurden und werden Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Tod eines Menschen im Straßenverkehr durch § 222 StGB sanktioniert. Danach wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer fahrlässig einen Menschen tötet. § 212 StGB sieht vor, dass im Falle der vorsätzlichen (absichtliche, wissentliche oder billigend in Kauf nehmende) Tötung eines Menschen die Strafe nicht unter 5 Jahren Freiheitsstrafe beträgt. Als schwierig gestaltet sich insbesondere die Abgrenzung zwischen fahrlässigem Handeln und bedingtem Vorsatz. Fahrlässigkeit liegt immer dann vor, wenn der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und fähig ist. Bedingter Vorsatz liegt nach der Rechtsprechung des BGH vor, wenn der Täter den Eintritt der Folge (Tötung eines Menschen) für möglich hält, er dies jedoch nicht unbedingt wünscht. Der Täter nimmt die Folge hierbei also billigend in Kauf. In der Abgrenzung zur Fahrlässigkeit hält der Täter in letzterem Fall die Folge der Tat durchaus auch für möglich, vertraut aber darauf, dass diese Folge nicht eintreten werde. In der Praxis ist diese Abgrenzung schwierig, weil sie grundsätzlich an subjektiven Komponenten, also der inneren Einstellung des Täters zur Tat, beantwortet werden muss und man dem Täter „nicht in den Kopf schauen kann“. Die Beurteilung durch das Gericht und die Staatsanwaltschaft erfolgt also anhand objektiver Umstände, die Rückschlüsse auf diese innere Einstellung des Täters zulassen. Mord im Sinne des § 211 StGB liegt immer dann vor, wenn die Tötung eines Menschen mit besonderen Merkmalen verknüpft ist. Das Gesetz knüpft hier an die Tötung besondere tatbezogene oder täterbezogene Merkmale, die zu einer Strafschärfung führen, namentlich lebenslanger Freiheitsstrafe.

Im Fall der „Kudamm-Raser“ hatte die Staatsanwaltschaft nicht wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen (versuchten) Mordes angeklagt. Die Staatsanwaltschaft ging hier also davon aus, dass der Täter bedingten Vorsatz hatte. (Ich beschränke meine Ausführungen hier auf den Täter, der den getöteten Menschen nicht gerammt hatte, sondern sich an dem Rennen beteiligt hatte). Das Landgericht Berlin hatte den Täter wegen versuchten Mordes verurteilt. Dreimal legte der Täter Revision zum BGH ein. Zweimal hob er BGH die Verurteilung auf, im Rahmen der dritten Revision bestätigte der BGH die Verurteilung wegen versuchten Mordes (4 StR 319/21).

Die Problematik in juristischer Hinsicht besteht in diesem Fall darin, dass sich der Täter tatsächlich keine Gedanken dazu gemacht hatte, dass er durch sein Verhalten einen Menschen töten könnte. Er hatte im Zeitpunkt des Zusammenstoßes wegen der hohen Geschwindigkeit auch den durch den Zusammenstoß getöteten Menschen nicht wahrgenommen. Nach den Feststellungen des Landgerichts Berlin, die der BGH mitgetragen hat, war für den Täter klar, dass er einen Zusammenstoß auf der Kreuzung nicht hätte verhindern können und ging aufgrund dieses Umstandes von vorsätzlichem Handeln aus.

Der Bundesgerichtshof hatte die Mordmerkmale „Heimtücke“ und „niedrige Beweggründe“ als erfüllt angesehen. Heimtückisch handelt ein Täter (vereinfacht dargestellt), wenn das Tatopfer sich im Zeitpunkt der Tat keines Angriffs versieht, das Opfer arglos ist, aus diesem Grund wehrlos. Niedrige Beweggründe sind dann erfüllt, wenn die Tat auf sittlich niedrigster Stufe steht. In den Autorennenfällen ist somit nun geklärt, dass diese im Falle der Tötung eines Menschen den Straftatbestand es Mordes erfüllen können.

Tödliche Unfälle mit Radfahrenden

Anlass dieser Ausführungen ist ein (erneuter) bedauerlicher Vorfall im Straßenverkehr. Am 23.03.2022 ist ein Radfahrer in Osnabrück erneut getötet worden, als ein LKWführer im Stadtgebiet rechts abbiegen wollte und dabei den Radfahrer überrollte. Diese Art von Vorfällen mit LKW kommt bedauerlicherweise immer wieder vor. Es ist nicht meine Intention dem Führer des LKW den Vorwurf der Absicht zu machen. Der Vorfall zeigt jedoch wieder einmal, dass sich trotz zahlreicher vergleichbarer Ereignisse in der Vergangenheit, keine Besserung eingestellt hat. Der Gesetzgeber hat in diesen Fällen nicht reagiert. Aus diesem Grund halte ich es für erforderlich, dass die strafrechtliche Diskussion – insbesondere nach der Entscheidung des BGH vom 19.01.2022 zu den Raserfällen – auch die Konstellation um die LKW in das Blickfeld nimmt. Überträgt man die Feststellungen zu den Raserfällen auf die abbiegenden LKW, so wird man feststellen, dass sich der Radfahrer ebenfalls keines Angriffs versehen haben wird. Das wäre nach meinem Dafürhalten auch nicht anders einordnenbar. Derjenige, der im Straßenverkehr „stärker“ ist, trägt eine höhere Pflicht zur Rücksichtnahme. Es wäre nicht vermittelbar, wenn der „schwächere“ Verkehrsteilnehmer, namentlich Fußgehende und Radfahrende stets damit rechnen müssten, überfahren zu werden. Dies stellte einen Offenbarungseid dar und eine Verlagerung der Verantwortung auf Nichthandelnde.

Auch in diesen Konstellationen der abbiegenden LKW stellt sich die Frage ob fahrlässiges Handeln vorliegt oder bedingter Vorsatz. Hat der Handelnde das Risiko billigend in Kauf genommen oder darauf vertraut, dass nichts geschehen würde? Der Vergleich zu den Raserfällen erscheint im ersten Moment konstruiert. Für jeden ist sofort klar, dass eine Fahrt mit dem Auto mit einer Geschwindigkeit, die die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn überschreitet, in der Innenstadt extrem gefährlich ist. Bis zu den Entscheidungen des BGH in den Raserfällen hat hier jedoch keine Verurteilung wegen Totschlags/Mords stattgefunden. Die Rechtsprechung ist im Jahr 2022 neu, für diese Taten.

Ein Auto ist bei der Geschwindigkeit von 160 km/h nicht kontrollierbar in der Stadt. Ich möchte die Frage aufwerfen, ob ein LKW kontrollierbar ist, in der Innenstadt. Der LKW wird nicht mit der Geschwindigkeit des Autos im Kudamm-Fall bewegt. Gleichwohl besteht die Gefährdung in diesem Fall durch das erheblich größere Gewicht. Wenn der Ansatz beim Rasen die Geschwindigkeit ist, mit der eine fehlende Kontrollierbarkeit begründet wird, müsste diese Frage folgerichtig auch für LKW geprüft werden, mit erheblichem Gewicht und einer scheinbaren Unübersichtlichkeit. Der Rechtsstaat sollte es nicht akzeptieren, dass durch den Wunsch unsicherer Mobilität Menschen sterben. Neben dem Gewicht, von dem eine erhebliche Gefahr ausgeht, spielt auch das Argument des „toten Winkels“ eine erhebliche Rolle für meine Fragestellung. An zahlreichen LKW sind Aufkleber angebracht, die andere Verkehrsteilnehmende auf einen „toten Winkel“ aufmerksam machen sollen. Diese Aufkleber verlagern das Risiko einer Verletzung auf andere Verkehrsteilnehmer und ist m. E. auch bei der Frage des Verhaltens eines LKW-Führenden zu berücksichtigen. Es wären Untersuchungen wünschenswert, wie sich diese Aufkleber auf das Verhalten und Selbstverständnis des Führenden des LKW auswirken. Die EU hat die Problematik des „toten Winkels“ erkannt. In der Richtlinie 2007/38 EG hat die EU für Neuzulassungen für in der Richtlinie bestimmte schwere Fahrzeuge, ab spätestens April 2009, vorgesehen, dass der „tote Winkel“ entschärft werden soll. LKW – mit bestimmten Ausnahmen – müssen im Falle der Zulassung in der EU mit Weitwinkel und Nahbereichsspiegeln ausgestattet sein. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch in diesen Fallgestaltungen die Frage des Vorsatzes gestellt werden sollte. Nach der Pressemitteilung der Polizei Osnabrück wurde Haftbefehl gegen den LKW-Fahrer beantragt und Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen. Zumindest in diesem Fall hat die Staatsanwaltschaft eine Vergleichbarkeit zu den Raserfällen (noch) nicht angenommen.

Ein wichtiges Wort zum Schluss

Ich möchte jedoch auch betonen, dass eine strafrechtliche Aufarbeitung den Verlust für die Angehörigen nicht aufwiegt. Jeder Todesfall im Straßenverkehr ist m. E. aber einer zu viel. Solange die Infrastruktur nicht für den Schutz und die Sicherheit der „schwächeren“ Verkehrsteilnehmenden geändert wird und solange der Gesetzgeber nicht auf einfachgesetzlicher Ebene aktiv wird, um den Schutz vulnerabler Gruppen im Straßenverkehr auszubauen, ist es aus meiner Sicht wichtig die oben aufgeworfene Fragestellung in der Rechtswissenschaft ergebnisoffen zu diskutieren. Denn die Abschreckung ist und bleibt eine Aufgabe des Strafrechts in unserer Gesellschaft, für die Durchsetzung der gemeinsamen Regeln und des gemeinsamen Konsenses.

Es verbleibt die Hoffnung auf eine bessere Infrastruktur. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen des Opfers.

 

von Rechtsanwalt Henning J. Bahr

In der vergangenen Woche kommentierte Rechtsanwalt Burkhard Wulftange einen Vorfall im Südkreis, der inzwischen auch die Neue Osnabrücker Zeitung beschäftigt hat: Ein Montainbiker ist durch einen quer zwischen zwei Bäumen gespannten Stacheldraht vom Fahrrad gerissen und verletzt worden, nur durch Glück ist nichts schlimmeres geschehen.

Wo und wie ist Radfahren im Wald erlaubt?

Grundsätzlich besteht gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) ein allgemeines Recht für jeden, den Wald zur Erholung zu betreten. Auch der Sport – und somit auch solcher mit einem Mountainbike – dient der Erholung.

Dass freies Betreten nicht auch zugleich uneingeschränktes Fahren bedeutet, ergibt sich direkt aus dem folgenden Satz 2:

Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet.

Die näheren Regelungen ergeben sich dann aus dem Landesrecht. Im folgenden sollen zunächst Niedersachsen genauer betrachtet werden.

Dass es überhaupt Beschränkungen für die private, freizeitliche Nutzung des Waldes gibt, hat das Bundesverfassungsgericht als zulässig eingestuft. Mit der Entscheidung „Reiten im Walde“ vom 6.6.1989 (Aktenzeichen: 1 BvR 921/85, veröffentlicht in der amtlichen Sammlung BVerfGE Bd. 80, ab S. 137). Dort ist es nicht als verfassungswidrig angesehen worden, dass das Reiten im Wald auf Reitwege beschränkt zugelassen ist. Gleiches wird man auch für das Radfahren annehmen dürfen.

Die Rechtslage in Niedersachsen

Für das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) gehört der Wald zur freien Landschaft. Diese darf jeder Mensch gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG betreten und sich dort erholen, wobei ausdrücklich zwischen Begehen (§ 24 NWaldLG) und Fahren (§ 25 NWaldLG) unterschieden wird und das Reiten mit § 26 NWaldLG einer eigenen Regelung unterliegt.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG ist

Das Fahren mit Fahrrädern ohne Motorkraft (…) auf tatsächlich öffentlichen Wegen gestattet.

Dies umfasst jedenfalls alle Arten muskelbetriebener Fahrräder, also insbesondere auch Mountainbikes. Ob E-Bikes bzw. Pedelecs nach dieser Vorschrift zugelassen sind oder auf die Regelung zu Kraftfahrzeugen zu verweisen sind, ist noch nicht gerichtlich geklärt. Kraftfahrzeuge dürfen nach § 25 Abs. 2 NWaldG nur auf sog. Fahrwegen genutzt werden, während Fahrräder (ohne Motorkraft) im Wald gerade auch Radwegen zugewiesen werden. Es spricht daher einiges dafür, dass E-Bikes und Pedelecs mit Hilfsmotor, die hauptsächlich durch die Pedale vorangetrieben werden, auch für das Fahren im Wald als Fahrräder anzusehen, solange sie straßenverkehrsrechtlich zur Nutzung von Radwegen geeignet sind.

§ 25 Abs. 1 Satz 2 erläutert weiter:

Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden (…)

Als Beispiele nennt das Gesetz:

  • Wanderwege
  • Radwege
  • Fahrwege (befestigte oder naturfeste Wirtschaftswege, die von zweispurigen nicht geländegängigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können)
  • Reitwege
  • Freizeitwege (durch die Gemeinde in einem Wegeplan bestimmte Wege)

Nach der Rechtsprechung  – Nds. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 30.6.2015 – 4 LB 63/14 – kann die Zustimmung auch in faktischer Weise, zB. durch die Errichtung eines Zaunes, entzogen werden, wenn keine Pflicht zur Einräumung der Wegenutzung besteht. Hiergegen kann die zuständige Waldbehörde einschreiten.

Der Eigentümer oder sonstige Berechtigte muss insbesondere keine unzumutbaren Nutzungen hinnehmen, insbesondere nicht solche,

durch die die Natur als Lebensraum wild lebender Tiere und wild wachsender Pflanzen oder die Grundbesitzenden geschädigt, gefährdet oder erheblich belästigt werden. Hierzu können beispielsweise Downhill abseits tatsächlich öffentlicher Wege, extreme sowie objektbezogene Formen des Geo-Caching sowie insbesondere auch Gotcha-Spiele zählen. Hierunter fallen neben den Veranstaltungen oder Aktivitäten selbst auch die Nutzung von Flächen für Maßnahmen der technischen Abwicklung dieser (z.B. Anbringen von Tafeln oder Markierungen, Aufstellen von Geräten)

  • Ausführungsbestimmungen zum NWaldLG vom 05.11.2016, Nds. MBl. Nr. 43 vom 16.11.2016, S. 1094

Die Nutzung des Waldes und der freien Landschaft unterliegen aber grundsätzlich dem in § 29 NWaldLG geregelten Rücksichtnahmegebot. Daher erstreckt sich die Rücksichtnahme einerseits auf den Wald und das Grundstück selbst, andererseits aber auch auf andere Waldnutzungen. Gem. § 29 Satz 2 NWaldLG müssen Radfahrerinnen und Radfahrer (ebenso wie Reiterinnen und Reiter) besondere Rücksicht auf andere Personen nehmen.

Nach den Ausführungsbestimmungen nicht unter die tatsächlich öffentlichen Wege fallen

  • Fuß- und Pirschpfade
  • Holzrückelinien
  • Brandschneisen
  • Fahrspuren zur vorübergehenden Holzabfuhr,
  • Gestelle/Abteilungslinien, -Grabenränder,
  • Feld- und Wiesenraine,
  • durch Skiloipen verursachte Spuren nach Wegtauen des Schnees

Auf diesen ist das Fahren mit Fahrrädern nicht von der Erlaubnis des § 25 Abs. 1 NWaldLG erfasst.

Was bedeutet das für das Mountainbiking?

Aus dem vorgenannten ergibt sich, dass Mountainbiking nur dort erfolgen darf, wo es wenigstens einen tatsächlichen Weg gibt. Dieser wäre auch bei einer vorbereiteten Downhill-Strecke vorhanden, aber auch bei Wegen, die durchschnittliche Fahrradfahrer:innen eher nicht befahren, sondern allein als Wanderstrecke auffassen würden. Der Weg muss aber nur tatsächlich vorhanden, nicht unbedingt künstlich angelegt, darf aber auch nicht abgesperrt oder von einem erkennbaren Verbot betroffen sein.

Gerade bei den tatsächlich öffentlichen Wegen muss beim Mountainbiking aber besondere Rücksicht auf Fußgänger:innen genommen werden. Lediglich bei festgelegten Radwegen liegt der Nutzungsvorrang bei Radfahrerinnen und Radfahrern.

Andererseits ist aus den vorgenannten Ausnahmen erkennbar, dass ein Weg dennoch vor allem der Fortbewegung, nicht anderen Zwecken wie Jagd, Forstwirtschaft und Brandschutz dienen muss. Downhill querfeldein, also dort entlang, wo man mit dem (geeigneten) Rad mehr oder weniger zufällig fahren kann, ist vom allgemeinen Erholungsrecht nicht umfasst.

Darf der Waldeigentümer selbst die Nutzung des Waldes verhindern?

Dass etwas nicht zulässig ist, sagt aber nichts darüber aus, dass es auf solchen „wilden“ Strecken zulässig wäre, deren Benutzung durch Drahtfallen oder ähnlich gefährliches Verhalten zu verhindern! Was Menschen gefährdet, ist schon aus anderen Gründen meistens verboten!

Welche (weiteren) Möglichkeiten der Beschränkung der Waldnutzung generell bestehend und wer für welche Schäden zu haften hat, betrachten wir im nächsten Teil der Serie „Mountainbike im Wald“.

von Rechtsanwalt Burkhard Wulftange

Nicht nur auf den öffentlichen Straßen der Stadt Osnabrück drohen Radfahrerinnen und Radfahrer tödliche Gefahren. Auch abseits der von Kraftfahrzeugen genutzten Straßen und Wege sind Radler:innen nicht sicher, wie sich aus einem jüngst ereigneten Zwischenfall im Südkreis der Stadt Osnabrück gezeigt hat:

Ein Mountainbiker war auf einem Fahrradtrail im Dörenberg unterwegs. Auf seinem Weg den Berg hinab passierte er einen kleinen Sprung über eine Baumwurzel. Mitten im Sprung wurde er von Stacheldraht gestoppt, der etwa auf Brusthöhe zwischen zwei Bäumen gespannt war. Nur durch allergrößtes Glück ist der Radler am Leben und von schlimmsten Verletzungen verschont geblieben.

Ganz offensichtlich ist der Stacheldraht genau zu diesem Zweck dort angebracht worden. Eine andere rationale Erklärung für das Vorhandensein eines Stacheldrahtes ist an besagter Stelle nicht im Ansatz zu erkennen. Nicht verschwiegen werden soll an dieser Stelle die Tatsache, dass sich der Tatort auf einem nicht legalen Fahrradtrail befindet. Dieser Umstand legt indes erst recht die Vermutung einer absichtlich installierten Drahtfalle nahe, mit dem Zweck, verbotswidrig agierende Radler zu „erziehen“.

Dabei übersehen der/die Täter offenbar die Tragweite ihrer „Erziehungsmaßnahme“ nicht einmal im Ansatz. So verständlich der Ärger von Waldbesitzern bzw. Waldnutzern auch sein mag, wenn Mountainbiker auf nicht für sie genehmigten Strecken im Wald unterwegs sind, ein Kavaliersdelikt ist die Installation derartiger Drahtfallen keinesfalls. Tatsächlich dürfte durch eine solche Stacheldrahtfalle der Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung immer dann erfüllt sein, wenn ein Dritter, egal ob zu Fuß oder mit dem Rad durch die Stacheldrahtfalle körperlichen Schaden nimmt. Der Eintritt eines ganz erheblichen körperlichen Schadens ist dabei absolut im Bereich des Möglichen und damit auch Erwartbaren, wie das Urteil des BGH aus dem Jahre 2020 zeigt. In jenem Fall ist ein Radfahrer aufgrund eines über einen Feldweg gespannten Drahtes gestürzt. Infolge seiner schwerwiegenden Verletzungen ist der Mann seither querschnittsgelähmt (vgl. Urteile vom 23. April 2020 – III ZR 250/17 und III ZR 251/17). Das Gericht erteilte einem erheblichen Mitverschulden des Radfahrers eine Absage:

Ein Radfahrer ist nicht verpflichtet, lückenlos den unmittelbar vor seinem Rad liegenden Bereich noch gezielt im Auge zu behalten und auf Hindernisse zu überprüfen, die – bei an sich übersichtlicher Lage – aus größerer Entfernung noch nicht zu erkennen waren (OLG Hamm NJW-RR 2010, 33, 35). Das gilt insbesondere für einen über einen Wald- oder Wiesenweg gespannten Draht (vgl. OLG Köln, VersR 1998, 860).

Dieses Beispiel zeigt, dass ein jeder, der solche Drahtfallen installiert, schwerste Verletzungen Dritter bis hin zur möglichen Todesfolge billigend in Kauf nimmt. Wenn man zudem die Heimtücke bedenkt, mit der die Stacheldrahtfalle mitten im Sprung in etwa auf Brusthöhe installiert wurde, steht allein durch die Installation einer solchen Drahtfalle der Vorwurf eines versuchten Mordes im Raum.

Dabei kann sich der/die Täter auch nicht darauf berufen, dass der Radler dort gar nicht unterwegs sein durfte; denn jedenfalls im Rahmen der strafrechtlichen Bewertung ist der Umstand der verbotswidrigen Nutzung des Waldes durch den Radler ohne Belang, da sich daraus weder Notwehr noch entschuldigender Notstand als Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgründe zu Gunsten des Täters ergeben können.

Wer also derartige Drahtfallen installiert, setzt sich der Strafbarkeit wegen versuchten Mordes aus, und zwar auch dann, wenn kein Radler in die Falle tappt. Grundsätzlich droht dem Täter dabei auch bei einem Mordversuch eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Wenn einem Fallensteller das Leben und die Gesundheit anderer auch gleichgültig ist, sollte er sich doch schon aus eigenem Interesse fragen, ob es nicht sinnvollere und weniger risikoreiche Alternativen gibt, dem Problem der verbotswidrigen Wald- und Wegnutzung zu begegnen.

1.1.2022: Die neue Rubrik fahrradanwaelte.de im rechtskontor49 ist da! Ab jetzt kümmern wir uns schwerpunktmäßig auch um das Recht im Zusammenhang mit dem Fahrrad und beraten gern Radfahrerinnnen und Radfahrer bei rechtlichen Schwierigkeiten.

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