von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier
In schönster Gerichtssprache heißt es beim OVG Lüneburg im Beschluss vom 29.09.2022 (Az. 2 NB 21/22):
Für ein auf außerkapazitäre Zulassung zum Zwecke des Studienortwechsels gerichtetes einstweiliges Anordnungsverfahren liegt nur dann ausnahmsweise ein Anordnungsgrund vor, wenn ohne den beabsichtigten Wechsel des Studienortes die Fortsetzung der begonnen Ausbildung ernstlich gefährdet ist oder andere zwingende Gründe, insbesondere existentieller Art, einen Ortswechsel rechtfertigen können (hier verneint).
Worum geht es?
Es gibt vielfältige Gründe einen Studienort zu wechseln. In der vorliegenden Konstellation hatte ein Student der Humanmedizin zunächst erfolgreich im Ausland ein Grundstudium absolviert und bewarb sich dann an einer deutschen Universität, um das Hochschulstudium in der Bundesrepublik fortzusetzen. Dabei erhielt er eine Zusage für eine deutsche Universität.
Da er jedoch zwischenzeitlich Vater eines Kindes geworden war und gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in einer anderen Stadt als der Stadt leben wollte (in der er eine Zulassung für das Studium in Deutschland erhalten hatte) bewarb er sich zusätzlich an einer Universität in der Stadt, in der er den Lebensmittelpunkt mit seiner Lebensgefährtin und des Kindes gewählt hatte. Die Lebensgefährtin war berufstätig und ein Umzug in die Stadt der Zulassung kam deshalb für den Antragsteller nicht in Betracht. Bei dem weiteren Antrag auf Zulassung handelte es sich um einen außerkapazitären Härtefallantrag, nachdem dort bereits alle verfügbaren Studienplätze vergeben waren.
Was war besonders schwierig?
Eine Entscheidung in einem Klageverfahren wäre für den Antragsteller im Zweifel zu spät ergangen. Die Verfahrensdauern vor den Verwaltungsgerichten sind teilweise erheblich, sodass mit einer Entscheidung durch das Gericht (auf Zulassung an der Wunschuniversität) nicht rechtzeitig vor Beginn des Semesters erfolgt wäre.
Abhilfe schaffen kann hier ein Eilantrag im vorläufigen Rechtsschutz. In rechtlicher Hinsicht setzt ein erfolgreicher Antrag neben den materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf den Studienplatz voraus, dass ein Anordnungsgrund vorliegt. Hierbei kommt es darauf an, dass eine Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht werden muss. Das Verwaltungsgericht hatte in der ersten Instanz einen solchen Anordnungsgrund für den Antragsteller abgelehnt, insbesondere mit der Begründung, dass er bereits eine Zulassung an einer anderen Universität in Deutschland erhalten hatte. In parallelen Verfahren hatte das Verwaltungsgericht einen Anordnungsgrund angenommen und den Anträgen teilweise stattgegeben. Dort war hingegen für die Antragsteller:innen keine anderweitige Zulassungsentscheidung einer anderen Universität ergangen.
Die Entscheidung
Das OVG setzte sich in der Entscheidungsbegründung ausführlich mit dem grundgesetzlichen Schutz aus Art. 6 (Familien) und Art. 12 (Berufsfreiheit) auseinander. Auch hat das OVG gewürdigt, dass der Antragsteller gewichtige Gründe gegen einen Wohnortwechsel vorgetragen hatte, namentlich günstigere Mieten, zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten für das Kind etc.), ein Sonderfall liege indessen nicht vor.
Insbesondere würdigte das OVG den Umstand, dass eine Wochenendbeziehung des Antragstellers mit seiner Lebensgefährtin auch bereits in der Vergangenheit geführt worden ist und dieser Einwand nun im Rahmen der Prüfung eines außergewöhnlichen Härtefalles nicht berücksichtigt werden könne. Der Antragsteller hatte im Beschwerdeverfahren hierzu vorgetragen, dass die Fahrtkosten im Rahmen einer Wochenendbeziehung zu teuer seien. Auch die Erwartung der Lebensgefährtin, dass der Antragsteller sich umfassend um die Betreuung seines Kindes kümmern solle führt nicht zu einer anders gelagerten Einschätzung.
Was bedeutet dies für Sie?
Im Rahmen von Eilanträgen auf eine Studienplatzzulassung muss der Anordnungsgrund penibel genau vorgetragen werden. Es ist grundsätzlich denkbar (s. o. Leitsatz des Gerichts), dass ein Anspruch auf eine derartige Zulassung bestehen kann. Allgemeine Ausführungen, die kein existentielle Bedrohung glaubhaft machen, sind nicht geeignet einen Anordnungsgrund und die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Im Ergebnis ist somit stets im Einzelfall zu prüfen und zu erörtern, ob eine entsprechender Antrag erfolgsversprechend gestellt werden kann.
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