von Rechtsanwalt Henning J. Bahr

 

Spezialitätenköche aus dem Ausland können für Ihre Tätigkeit in entsprechenden Restaurants Visa als Fachkräfte erhalten. Es muss sich dabei um ein Angebot nach Rezepten und Herstellungsweisen aus dem Herkunftsland handeln, das die landestypischen Gerichte möglichst unverfälscht wiedergibt. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nun entschieden, dass ein Döner-Imbiss keine solche Arbeitsgelegenheit in einem Spezialitätenrestaurant ist (Urteil vom 22.12.2022 – VG 14 K 139.19 V).

Das Gericht hatte zwar auch Zweifel daran, ob Döner und Pizza überhaupt als landestypische und unverfälschte Gerichte der türkischen Küche sind. Entscheidend war hier aber, dass ein imbisstypischer Verkauf zur Selbstbedienung oder Mitnahme ohne Service und mit begrenzten Sitzgelegenheiten vor Ort schon kein Restaurant im Sinne der Vorschriften darstellt.

Das Urteil zeigt, dass es auch angesichts des Fachkräftemangels nicht sinnvoll ist, sich bei dem Verständnis einer Vorschrift allein auf das eigene Vorstellungsvermögen zu verlassen. Beauftragen Sie besser einen Experten für Migrationsrecht mit der Beratung und Beurteilung, ob ein Visumverfahren erfolgversprechend ist – auch wenn Ihnen möglicherweise nicht jede Antwort gefällt.

von Rechtsanwalt Timm Laue-Ogal

 

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine bisherige Ansicht zum sogenannten Schockschaden aufgegeben (Urteil vom 06.12.2022 – VI ZR 168/21). Die Anspruchsvoraussetzungen dafür werden künftig erheblich abgesenkt. Personen, die nach einem Ereignis unter Schock stehen, bei dem Nahestehende verletzt wurden, haben damit künftig eher die Chance, für ihr Leiden vom Schädiger eine Kompensation zu erhalten. 

Was galt bisher beim Schockschaden?

Bisher hatte die Rechtsprechung für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes bei einem Schockschaden eine besondere Voraussetzung aufgestellt: Die pathologisch fassbare psychische Beeinträchtigung des Geschädigten musste über die gesundheitlichen Probleme hinausgehen, die man beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel erleidet (so z.B. BGH, Urteil vom 21. Mai 2019 – VI ZR 299/17; auch noch OLG Celle, Urteil vom 24.08.2022 – 14 U 22/22).

Betroffene mussten also nicht nur die psychische Erkrankung infolge des Schicksals des Angehörigen darlegen und beweisen, sondern es wurde für den Schockschaden immer ein außergewöhnliches Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung gefordert.

Wie sieht es nach der neuen BGH-Entscheidung aus?

Jetzt gesteht der BGH nach teils erheblicher Kritik aus der Fachliteratur ein, dass er damit eine Ungleichbehandlung von körperlichen und seelischen Schäden vorgenommen hatte. In seiner Entscheidung vom 06.12.2022 heißt es zunächst unverändert, soweit die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar sei, hat sie Krankheitswert. Für eine Gesundheitsverletzung, die einen Schmerzensgeldanspruch nach sich zieht, ist es aber nicht länger erforderlich, dass die Störung auch noch ein außergewöhnliches Ausmaß aufweise. Typische psychische Erschütterungen wie Trauer oder seelischer Schmerz nach einem prägenden Schadenereignis reichen dafür nunmehr aus.

Damit werden die Rechte von Betroffenen, die wegen eines Schockschadens psychische Beeinträchtigungen erleiden, durchaus gestärkt. Es bleibt aber dabei, dass die Geschädigten für das Vorliegen der seelischen Erkrankung und ihre Ursache den vollen Beweis zu führen haben.

Wie ist das Verhältnis von Schockschaden und Hinterbliebenengeld?

Die nahen Angehörigen eines bei einem Verkehrsunfall oder nach einem ärztlichen Behandlungsfehler verstorbenen Menschen haben seit 2017 nach § 844 Abs.3 BGB gegenüber dem Verursacher einen Anspruch auf Hinterbliebenengeld. Damit hat der deutsche Gesetzgeber zum Ausgleich für die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen einen gewissen Ausgleich geschaffen, den es in den meisten europäischen Ländern schon seit Längerem gab.

Grundsätzlich haben Schockschaden und Hinterbliebenengeld eine völlig unterschiedliche Zielrichtung. Mit dem Hinterbliebenengeld soll die „normale“ Trauer eines Menschen mit persönlichem Näheverhältnis zu der getöteten Person gelindert werden. Das Schmerzensgeld für einen Schockschaden hingegen gleicht das Leid einer „echten“ psychischen Erkrankung aus, die Betroffene persönlich erlitten haben. Deshalb gibt es Stimmen in der juristischen Fachliteratur, nach denen beide Ansprüche nebeneinander bestehen können. Das OLG Celle hat diese Frage in seinem Urteil vom 24.08.2022 offen gelassen, weil es – noch vor dem neuen BGH-Urteil – einen Schockschaden abgelehnt hatte. Eine Entscheidung des BGH, ob ein Schockschaden-Schmerzensgeld auf ein Hinterbliebenengeld angerechnet werden muss, steht noch aus.

Was können Sie tun?

Sollten Sie oder Ihnen bekannte Personen wegen des Schicksals eines nahen Angehörigen, der von einer anderen Person verletzt oder gar getötet wurde, unter Schock stehen oder deshalb an psychischen Problemen leiden, können Sie ein Schmerzensgeld oder ein Hinterbliebenengeld vom Schädiger fordern. Lassen Sie dazu am besten von einem Fachanwalt für Medizinrecht beraten.

 

von Rechtsanwalt Timm Laue-Ogal

 

Der Medizinrechtsanwälte e.V. ist einer Vereinigung aus bundesweit tätigen Fachanwältinnen und Fachanwälten für Medizinrecht, die sich auf Patientenseite um die Durchsetzung von Schadenersatz und Schmerzensgeld bei medizinischen Fehlbehandlungen kümmern. 2022 bin ich als Experte in den Beirat des Vorstandes berufen worden.

Unter Mitwirkung des Beirates hat der Verein nach umfangreichen Diskussionen auf und nach dem 22. Deutschen Medizinrechtstag in Berlin jetzt sein Positionspapier „Mehr Patientenrechte wagen“ veröffentlicht und an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung Stefan Schwartze (SPD) übergeben. Der Medizinrechtsanwälte e.V. ist neben dem AOK-Bundesverband, dem SoVD und dem Patientenbeauftragten an einem „Runden Tisch“ beteiligt, an dem derzeit erörtert wird, welche Positionen in eine Gesetzesinitiative münden sollen. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich die Stärkung der Patientenrechte auf die Fahnen geschrieben.

Aus der Pressemitteilung des Vorstandes des Medizinrechtsanwälte e.V.:

„Mehr Patientenrechte wagen“ – Das Positionspapier des Medizinrechtsanwälte e.V., dessen Eckpunkte Gegenstand des Medizinrechtstags 2022 in Berlin waren, wurde am 26.1.2023 veröffentlicht. Der Medizinrechtsanwälte e.V. engagiert sich für eine Verbesserung der Patientenrechte im Schulterschluss mit anderen Vertretern von Patienteninteressen wie der AOK oder dem SoVD, um die Patientensicherheit zu verbessern. Der Abschluss des Positionspapiers ist für den Medizinrechtsanwälte e.V. kein Grund zur Pause. In Vorbereitung des diesjähigen Medizinrechtstags arbeiten wir weiter – zum Wohl der Patienten!

Und hier der direkte Link zum Positionspapier des Medizinrechtsanwälte e.V.: Mehr Patientenrechte wagen.

von Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier

 

Mit Pressemeldung vom 10.01.2023 hat das Arbeitsgericht Siegburg auf ein Urteil vom 16.12.2022 (Aktenzeichen 5 Ca 1200/22) hingewiesen. Das Arbeitsgericht gab einer fristlosen Kündigung statt, nachdem eine Pflegeassistentin sich trotz Arbeitsunfähigkeit zu einer Feier begab.

Die Klägerin arbeitete seit 2017 bei der Beklagten. Im Juni 2022 wurde sie für einen Samstag und einen Sonntag zum Spätdienst eingeteilt. Die Klägerin meldete sich hierfür krank und reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. Sie nahm dann an einer Party teil und veröffentlichte Bilder von der Feier in ihrem „Whats-App“-Status. Auch war sie auf Fotos zu sehen, die der Betreiber der Party auf seiner Homepage veröffentlichte. Nachdem die Arbeitgeberin Kenntnis von diesen Umständen erhalten hatte, kündigte sie der Klägerin außerordentlich fristlos.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Wirksamkeit der fristlösen Kündigung bestätigt. Das Verhalten der Klägerin war geeignet das Vertrauensverhältnis nachhaltig zu stören, nachdem sie – nach Auffassung des Arbeitsgerichts – über die Arbeitsunfähigkeit getäuscht hatte. Die Klägerin hatte der Arbeitgeberin gegenüber mitgeteilt an Grippesymptomen gelitten zu haben. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – und auch die Einlassung der Klägerin im Verfahren – waren darauf gerichtet, dass sie an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten habe, die ohne weitere therapeutische Maßnahme nach den zwei Tagen ausgeheilt gewesen sei. Diesen Vortrag glaubte das Arbeitsgericht der Klägerin nicht.

Die Entscheidung zeigt, dass es im Einzelfall darauf ankommt sich genau mit dem Grund der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit auseinanderzusetzen, um zu überprüfen, ob der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und kann vor dem Landesarbeitsgericht angefochten werden.

 

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von Rechtsanwalt Henning J. Bahr

 

Der Oberbügermeister von Tübingen, Boris Palmer, schaltet nachts die Lichter aus – zum Stromsparen. Der Fall schlägt inzwischen Wellen aus der schwäbischen Provinz bis nach Berlin, auch wenn nach meiner Ansicht auch ein Machtwort des Bundeswirtschaftsminister nichts an der Rechtslage ändert. Auch die Leserschaft des Immobilienteils der FAZ konnte sich im Dezember 2022 mit der Frage befassen, welche verschiedenen rechtlichen und technischen Fragen sich im Zusammenhang mit der Straßenbeleuchtung stellen.

Wie hell darf, muss und kann es zu Zeiten rasant steigender Strompreise auf der Straße noch sein?

Es gibt keine bundesgesetzliche Regelung explizit zur Installation von Straßenbeleuchtung. Bundesweit schreibt lediglich § 32 Abs. 1 Satz 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor:

„Verkehrshindernisse sind, wenn nötig (§ 17 Absatz 1), mit eigener Lichtquelle zu beleuchten oder durch andere zugelassene lichttechnische Einrichtungen kenntlich zu machen.“

Der Bezug auf § 17 Abs. 1 meint die vorgeschriebenen Beleutungseinrichtungen an Fahrzeugen, die zu verwenden sind

„während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern“.

Das gilt also auch für Verkehrshindernisse. Diese Regelung wendet sich aber an jeden, nicht nur an Gemeinden, Städte oder sonstigen öffentliche Stellen. Grundsätzlich betrifft die Frage der Beleuchtung den sog. Träger der Straßenbaulast, je nachdem, um was für eine Straße es sich handelt (Autobahn/Bundesstraße, Landesstraße, Kreisstraße, Gemeindestraße oder Privatweg). Für diesen gibt es eine ausdrückliche gesetzliche Pflicht zur Straßenbeleuchtung nur in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Sachsen, die die Beleuchtungspflicht den Gemeinden mit unterschiedlichen Voraussetzungen zuweisen. Genaue Regeln zur Ausgestaltung, Helligkeit und Häufigkeit der Beleuchtung finden sich dort allerdings auch nicht. Wir lebten nun nicht in Deutschland, wenn es nicht eine DIN gäbe. Ziff. l der DIN 5044, Teil 1, führt aber auch nur etwas hilflos aus, dass es nicht Aufgabe der Norm sei,

„Aussagen darüber zu machen, ob eine Straße zu beleuchten ist. Die Notwendigkeit, eine Straße zu beleuchten, wird jeweils von der hierfür zuständigen Behörde festgestellt“.

Also Beleuchtungsanarchie?

Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung kann eine solche Pflicht aus der sog. Verkehrssicherungspflicht resultieren, zB. wenn der Zustand einer Straße, ihre Lage oder sonstige Umstände eine Beleuchtung gebieten. Ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht kann zur Schadensersatzpflicht führen. So hat das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 17.2.2006 – Az. 9 U 102/05 – entschieden:

Die Gemeinde verletzt ihre Verkehrssicherungspflicht, wenn die zeitweilige Abschaltung der Straßenbeleuchtung aus Gründen der Ersparnis dazu führt, dass Pflanzkübel auf dem Gehweg, die verkehrstechnische Aufgaben oder dekorative Zwecke erfüllen sollen, für Fußgänger des Nachts nicht mehr hinreichend erkennbar sind und deshalb eine Verletzungsgefahr darstellen.

Allerdings muss sich ein geschädigter Fußgänger, der über einen solchen Kübel zu Fall gekommen ist, ein Mitverschulden entgegen halten lassen, wenn er sich bei tiefer Dunkelheit ohne ausreichende Sicht nicht vorsichtig seinen Weg ertastet.

Es ist insgesamt davon auszugehen, dass die Rechtsprechung das ganz überwiegend so sehen wird: Zwar müssen Gefahrenstellen beleuchtet werden, wer nichts sieht, darf aber auch nicht wie wild durch die Dunkelheit stürmen.

Die vom 1.9.2022 – 28.2.2023 geltende und Ende September nochmals angepasste „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (EnSikuMaV) enthält keine ausdrücklichen Regelungen zur Straßenbeleuchtung. Eine Alternative zu Boris Palmers Tübinger Blackout ist zB. eine Einschränkung der Straßenbeleuchtung, indem diese entweder räumlich oder zeitweise ganz ausschaltet wird. Ob das technisch möglich ist, hängt von den Einrichtungen der Gemeinde ab, die – wie zuvor gesagt – keinen einheitlichen rechtlichen Vorgaben unterliegen. Aber alles – auch bei Gefahrenstellen oder Fußgängerüberwegen – ganz abzuschalten, dürfte nirgendwo zulässig sein, auch nicht zum Stromsparen.

Schaufenster und Kneipenschilder

Zunächst betrifft § 11 EnSikuMaV lediglich Werbeanlagen. Dies ist ein Begriff aus dem öffentlichen Baurecht – dem Schaufenster bereits an sich nicht unterfallen. Allein ein dekoriertes, beleuchtetes Schaufenster ist daher keine Werbeanlage in diesem Sinne, was durch das zuständige Bundesministerium bestätigt wurde.

Werbeanlagen sind zB. nach § 50 der Niedersächsischen Bauordnung

„alle örtlich gebundenen Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und von allgemein zugänglichen Verkehrs- oder Grünflächen aus sichtbar sind. Hierzu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Lichtwerbungen, Schaukästen sowie für Zettel- und Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen.“

Ein Schaufenster fällt darunter nicht, weil es Teil eines Gebäudes und damit keine eigenständige Anlage ist. Werbeanlagen sind hingegen eigenständige Leuchtschilder, Leuchttafeln oder Bildschirme. Wie ein leuchtender Schriftzug in einem Schaufenster zu werten ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Ausgenommen ist außerdem

„der Betrieb von Werbeanlagen während der Öffnungszeiten, die als Hinweise auf Gewerbe oder Beruf am selben Ort dienen, sowie der Betrieb von Werbeanlagen während Sport- und Kulturveranstaltungen.“

Dh. dass eine Kneipe oder Club, die während der Öffnungszeiten nach 22 Uhr ihr Leuchtschild mit dem Namen  eingeschaltet lassen, nicht gegen die Verordnung verstoßen, ebenso wenig eine Dönerbude, ein Kiosk oder ein Prostitutionsbetrieb.

von Rechtsanwalt Timm Laue-Ogal

 

In seinem Urteil vom 20.12.2022 (Az. 9 AZR 245/19) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung zum Resturlaub bei Krankheit den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) angepasst.

Der Fall

Es ging um die Klage eines Fraport-Frachtfahrers. Der Mann war von Dezember 2014 bis August 2019 voll erwerbsgemindert und somit arbeitsunfähig. Nach Rückkehr an seinen Arbeitsplatz forderte er seinen Resturlaub aus 2014 ein.

Der Arbeitgeber berief sich auf die bisherige Rechtsprechung des BAG, nach der restliche Urlaubsansprüche eines Kalenderjahres bei dauerhafter Erkrankung mit Ablauf des 31. März des übernächsten Jahres verfallen.

Das Urteil

Erst vor kurzem hat das BAG entschieden, dass restliche Urlaubsansprüche aus den Vorjahren ansonsten nur dann erlöschen, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hingewiesen und der Arbeitnehmer trotzdem seinen Resturlaub nicht beantragt hatte.

Nach dem neuen Urteil des BAG – der eine Vorabentscheidung des EuGH vorausgegangen war – gelten diese Grundsätze so ähnlich auch für nicht genommenen Urlaub vor einer längeren Krankheit.

Wenn der Arbeitnehmer im Laufe des Jahres, in dem er krank wurde, längere Zeit gearbeitet hatte, und der Arbeitgeber ihn nicht in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, dann bleibt der Resturlaub für dieses Jahr bestehen, so das BAG. Der Arbeitgeber des Frachtfahrers hatte im Jahr 2014 nicht angeregt, dass der Frachtfahrer bis Ende November zumindest einen Großteil seines Jahresurlaubs nimmt. Das hält das BAG für eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten. Deshalb sei der restliche Urlaub aus 2014 nicht verfallen.

Im Ergebnis durfte der Fahrer also auch im Jahr 2019 noch seinen restlichen Urlaub aus 2014 nehmen.

Die Folgen für Sie

Arbeitnehmer, die länger arbeitsunfähig erkrankt waren, sollten überprüfen, ob ihnen noch restliche Urlaubstage aus dem Jahr zustehen, in dem die Erwerbsunfähigkeit begann. Hat der Arbeitgeber keine Hinweise erteilt, dass Urlaubsansprüche möglichst im Laufe des Jahres nach und nach zu beantragen sind, könnte ein Anspruch auf Resturlaub (oder Abgeltung) noch bestehen.

Für Arbeitgeber bedeutet das BAG-Urteil, künftig idealerweise mit einer frühzeitigen Jahresurlaubs-planung dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten keine Resturlaubsansprüche anhäufen, die ggfs. bei längerer Krankheit eines Mitarbeiters noch erheblich später zu gewähren oder zu vergüten sind.

 

Lassen Sie sich durch die Arbeitsrechtsexperten bei rechtskontor49 beraten, wie Sie auf die neue Linie der Rechtsprechung am besten reagieren.

von Rechtsanwalt Henning J. Bahr, LL.M.

Weitreichende Änderungen im Aufenthaltsrecht und im Asylverfahren

Am 2.12.2022 hat der Bundestag das Chancen-Aufenthaltsrecht beschlossen. Damit sollen Geduldete ein gesichertes Aufenthaltsrecht erhalten, unter dessen Geltung sie sich dann um die Klärung ihrer Identität kümmern können. Zumeist bedeutet das, dass ein Pass beschafft werden muss. Auch der Zugang zu anderen Bleiberechten für Geduldete, die ihre Identität bereits geklärt haben, wird durch die Gesetzesänderung erleichtert. Außerdem wurde der Ehegattennachzug zu Fachkräften erleichtert, indem die Erforderlichkeit von Sprachkenntnissen vielfach abgeschafft wurde. Ob die weiter beschlossenen Änderungen im Asylverfahren wirklich eine Beschleunigung mit sich bringen, wird sich zeigen müssen.

Die Gesetzesänderungen sind überwiegend am 1.1.2023 in Kraft getreten!

Das Chancen-Aufenthaltsrecht

Nach dem neuen § 104c AufenthG eine Aufenthaltserlaunis soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn

  • am 31.10.2022 mindestens fünf Jahre Aufenthalt in Deutschland bestanden,
  • ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordung vorliegt, das unterschrieben werden muss,
  • keine Straftaten begangen wurden, die zu mehr als 50 Tagessätzen Geldstrafe (90 Tagessätzen bei Straftaten, die nur von Ausländern begangen werden können) geführt haben oder bei denen Jugendstrafrecht (ausgenommen Jugendstrafe) angewendet wurde.

Für die Aufenthaltserlaubnis ist weder die Sicherung des Lebensunterhaltes noch die Klärung der Identität oder die Vorlage eines Passes erforderlich. Sie bedarf keines Visumverfahrens und kann auch nach einem als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrag erteilt werden. Sie gilt für 18 Monate und darf währenddessen nur als Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige gem. § 25a AufenthG oder wegen guter Integration gem. § 25b AufenthG verlängert werden.

Änderungen bei Bleiberechten wegen Integration

Die Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige gem. § 25a AufenthG soll

  • bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres
  • nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland

erteilt werden. Allerdings setzt die Erteilung mindestens 12 Monate vorangegangene Duldung voraus.

Die Aufenthaltserlaubnis wegen guter Integration gem. § 25b AufenthG kann jetzt schon

  • nach sechs Jahren Aufenthalt in Deutschland

erteilt werden. Der Zeitraum verkürzt sich auf vier Jahre, wenn ledige minderjährige Kinder im gleichen Haushalt leben.

Leichtere Einbürgerung in der Diskussion

Nur eine Diskussion der Bundesregierung bleibt die Erleichterung einer Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Allerdings ist dies aktuell für Einbürgerungsbewerber aus der Ukraine greifbar: Das Bundesinnenministerium hat die Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit als Voraussetzung für eine Einbürgerung schon vor einiger Zeit ausgesetzt.

Was bedeutet das für Sie?

Sprechen Sie uns gern auf darauf an, ob das Chancen-Aufenthaltsrecht oder eine der anderen neuen Regelungen für Sie in Frage kommt. Für die Prüfung benötigen wir

  • eine aktuelle Duldungsbescheinigung
  • einen Nachweis für die Einreise nach Deutschland (zB. den ersten Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge),
  • eine Auskunft, ob Sie in der Vergangenheit wegen Staftaten verurteilt wurden und
  • Informationen zu Ihrem Einkommen und mit wem Sie gemeinsam leben.

Senden Sie die Unterlagen an info@rechtskontor49.de. Für die Prüfung fällt eine Bearbeitungspauschale an, wenn wir für Sie das Antragsverfahren durchführen sollen, bringt das weitere Kosten mit sich.

 

Lesen Sie auch noch einmal in unserem FAQ nach!

 

Dieser Artikel ist erstmals am 3.12.2022 erschienen und wird wegen aktueller Änderungen neu veröffentlicht.

rechtskontor49 geht in die Weihnachtspause – ab dem 2.1.2023 sind wir wieder für Sie da!

Wir wünschen schöne Feiertage und einen guten Rutsch!